Einsamkeit ist einerseits ein wichtiger Risikofaktor für Demenzerkrankungen, andererseits erleben Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen häufig, dass die Krankheit sie isoliert, Freunde und Bekannte sich zurückziehen. Lisa Höfer gab zunächst eine Einführung zum Thema und machte deutlich, dass gerade pflegende Angehörige doppelt so häufig von Einsamkeit betroffen sind wie Nicht-Pflegende. Sie haben einerseits weniger Zeit für Sozialkontakte, andererseits geht durch Pflegebedürftigkeit und Demenz die vertraute Person, der Partner auf Augenhöhe verloren.
Volkmar Schwabe erlebte eine intensive Phase von Einsamkeit, als er – kurz nach dem Umzug in eine andere Stadt – eine Demenz-Diagnose erhielt. Ohne Kinder oder sonstige Angehörige und ohne Kontakte am neuen Wohnort fiel er, wie er sagte, „nicht nur in ein tiefes Loch, sondern in den Mittelpunkt der Erde“. Doch ihm gelang es, dort wieder hinauszukommen: Er machte eine Ausbildung zum Hospizbetreuer, engagierte sich in der Nachbarschaftshilfe und einem Kulturprojekt. Die Aufnahme in den Beirat der DAlzG habe sein Leben schließlich zutiefst positiv verändert. „Ich bin weiter einsam“, sagte er, „aber ich habe viel getan, um die Einsamkeit erträglich zu machen.“
Celine Seeberger schilderte, dass sie eigentlich viele Freunde hatte und mitten im Leben stand, als ihre Mutter an FTD erkrankte. Doch sie fühlte sich einsam mit ihren Erfahrungen mit den Veränderungen der Mutter. Die damit verbundenen Gefühle konnte sie mit niemandem teilen. Auch ihre Eltern wurden einsam, weil Freunde und Bekannte mit der Krankheit nicht zurechtkamen und sich zurückzogen. Für Celine Seeberger war in dieser Situation der Kontakt zu einer Angehörigengruppe in Nürnberg sehr hilfreich: „Sie haben mich aufgefangen und durch diese Zeit begleitet, bis meine Mutter verstorben ist.“
Dieter Schmidt sprach darüber, dass bei LSBTI*-Menschen die Angst vor Einsamkeit im Alter und bei Pflegebedürftigkeit besonders groß ist. Die heute Älteren haben viel Diskriminierung und teilweise Strafverfolgung erlebt, mussten sich mit ihrer sexuellen Identität oft lange verstecken und sind auch heute mit Stigmatisierung konfrontiert. Als ein Angebot gegen diese Einsamkeit gibt es die „Lebensort Vielfalt“-Projekte der Schwulenberatung Berlin. Dort gibt es Wohnungen, Pflege-Wohngemeinschaften und therapeutische Wohnangebote für LSBTI*-Menschen, aber teilweise auch Kindergärten, Kieztreffpunkte, Café und Beratungsangebote. Wichtigstes Ziel ist Teilhabe, auch für Menschen mit Demenz, und das Wissen darum, dass man hier nicht alleine ist, sonders es Menschen gibt, die sich kümmern. Außerdem wurde das Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt® geschaffen als Qualifizierungsprogramm für Pflegeeinrichtungen, die LSBTI*-sensibel und migrationssensibel werden wollen.
Volkmar Schwabe wurde zuletzt gefragt, ob denn digitale Angebote gegen Einsamkeit helfen könnten. Seine klare Antwort: „Nein! Gegen Einsamkeit helfen nur Menschen!“ – In diesem Sinne wollen sowohl die Alzheimer-Gesellschaften, als auch die Kongress-Teilnehmenden aus allen Teilen Deutschlands an ihren jeweiligen Wirkungsstätten als Menschen Anlaufstellen sein, die auch gegen Einsamkeit wirken.
Preise für Projektvideos
Ein Bienengarten, in dem sich Menschen mit Demenz und Schulkinder begegnen, ein buntes Freizeit- und Aktivitätsangebot für jung an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen, und eine Box, die dabei helfen kann, sich über Liebe und Intimität auszutauschen – so vielfältig sind die Projekte, die heute mit einem Preis der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ausgezeichnet wurden. Jedes Projekt stellte sich mit einem kurzen Video vor. Diese Videos sowie weitere eingereichte Projekte sind ab sofort auf der Kongress-Homepage zu finden unter www.demenz-kongress.de/projektvideos.html
Veranstaltungsort:
Stadthalle Fürth, Rosenstraße 50, 90762 Fürth
Pressebüro beim Kongress:
Das Pressebüro vor Ort befindet sich im Raum 311.
Geöffnet ab 10. Oktober, 8:30 Uhr
Tel: 0151 – 22 08 94 10
E-Mail: presse@deutsche-alzheimer.de
Mehr Informationen unter www.demenz-kongress.de
Hintergrund
In Deutschland leben heute etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Rund zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken etwa 400.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,3 bis 2,7 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt.