Die Dachorganisation Alzheimer’s Disease International geht davon aus, dass weltweit rund 75 Prozent aller von Demenz Betroffenen keine Diagnose erhalten. Der Anteil in ärmeren Ländern ist deutlich höher, doch auch in Deutschland wird nur in rund 50 Prozent aller Fälle eine Diagnose gestellt und das häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Manchmal vermeiden die Betroffenen selbst den Gang zur Ärztin oder dem Arzt, manchmal ignorieren Angehörige die Demenzanzeichen sehr lange, manchmal dauert es – gerade bei jüngeren Erkrankten – auch sehr lange, bis die korrekte Diagnose gestellt wird, wenn zunächst andere Erkrankungen vermutet werden. Nicht selten scheuen sich aber auch Ärztinnen und Ärzte, ihre Patientinnen bzw. Patienten auf das mögliche Vorliegen einer Demenzerkrankung hinzuweisen. Denn nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, Demenzerkrankungen wie Alzheimer zu heilen oder zu stoppen.
Eine frühzeitige Diagnose ist dennoch wichtig. Zum einen können dadurch andere Ursachen für demenzielle Symptome – wie Nebenwirkungen von Medikamenten, Depressionen oder Vitaminmangel – rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Zum anderen gibt eine frühzeitige Diagnose den Betroffenen die Möglichkeit Entscheidungen für ihr weiteres Leben selbstbestimmt zu treffen.
„Menschen mit Demenz wollen weiterhin ihr Leben gestalten“, sagt Saskia Weiß, Geschäftsführerin der DAlzG. „Dies gelingt aber nur, wenn sie von ihrer Diagnose wissen und Aufklärung erhalten. Wir erleben in unserem Beirat Leben mit Demenz wie auch in den diversen Gruppen für Menschen mit beginnender Demenz, wie wichtig es für die Betroffenen ist, sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen und sich gleichzeitig weiter aktiv einzubringen. Wir fordern deshalb, dass in Deutschland Ärztinnen und Ärzte nicht wegsehen, sondern ihren Patientinnen und Patienten die Chance geben, frühzeitig eine Diagnose zu erhalten, wenn sich ein Demenzverdacht zeigt.“
Allerdings möchten sich nicht alle Betroffenen mit einer Demenz-Diagnose konfrontieren, auch dies muss respektiert werden. Je mehr die Krankheit aber aus der Tabuzone rückt und je weniger Menschen mit Demenz Angst vor Stigmatisierung haben müssen, umso eher gelingt ein konstruktiver Umgang mit der Diagnose.
Hintergrund
In Deutschland leben heute etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Etwa zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken rund 300.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt.