Qualifikation sorgfältig prüfen
Hinzu komme aus Vogts Sicht, dass der Patient durch einen meist beschränkten Angebotszeitraum von 24 Stunden und ein oft begrenztes Kontingent gedrängt werde, vorschnell zu handeln. Dies sei, so Vogt, bei plastisch-ästhetischen Eingriffen aber besonders fatal, da in diesem Bereich der Medizin eine Überprüfung der Qualifikation des Arztes von besonderer Bedeutung sei. "Der Patient muss sorgfältig hinterfragen, ob der Anbieter für den gewünschten Eingriff qualifiziert ist. Handelt es sich um einen Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, so ist dieser für sämtliche ästhetische Eingriffe ausgebildet. Ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg oder HNO-Arzt mit der Zusatzbezeichnung ,Plastische Operationen' ist berechtigt, plastisch-ästhetische Eingriffe im Kopf- und Halsbereich durchzuführen", erläutert Prof. Vogt und rät, auch in diesen Fällen im direkten Gespräch die Routine des Arztes beim gewünschten Eingriff zu hinterfragen. Diese Option, so gibt er zu bedenken, stehe nicht mehr offen, wenn der Gutschein für sich selbst oder auch als Geschenk bereits gekauft worden sei.
Patient gibt die eigenen Rechte auf
Auch das Recht auf die freie Arztwahl gibt der Patient aus Vogts Sicht mit Blick auf den finanziellen Anreiz auf: "Da sich der Patient praktisch ,blind' für eine ausführende Klinik oder einen behandelnden Arzt entscheidet, fehlt das notwendige Arzt-Patienten-Gespräch. Der Gutschein-Kunde setzt sozusagen den zweiten Schritt vor den ersten", kritisiert Vogt. "Lange bevor eine Operation vereinbart wird, muss sich in dem Gespräch zeigen, ob Arzt und Patient sich menschlich verstehen und welche Lösungsansätze der Arzt für den empfundenen Korrekturbedarf sieht." Nach Kauf des Gutscheins dürften sich Arzt und Patient zur Umsetzung desselben gedrängt fühlen - unabhängig davon, ob der Eingriff in einem hoffentlich anschließenden Gespräch noch medizinisch indiziert und verantwortbar erscheint oder vom Patienten noch gewollt ist. Eine Rückgabe des Gutscheins sei nur in seltenen Fällen möglich. Der Druck zur Durchführung eines ästhetischen Eingriffs verstärke sich weiter, so Vogt, wenn der Gutschein ein Geschenk sei. Schließlich komme dann hinzu, dass man den Schenkenden nicht kränken wolle. Grundsätzlich seien die ethischen Maßstäbe der Mediziner, die solche Portale nutzen, ernsthaft zu hinterfragen.
Juristisch bedenklich
Auch juristisch betrachtet sei das Anbieten ärztlicher Leistungen über derartige Plattformen zumindest zweifelhaft. Aus Sicht der DGPRÄC kollidierten die kritisierten Angebot mit dem Heilmittelwerbegesetz, der Berufsordnung sowie dem Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb. Es sei anzunehmen, dass entsprechende Anbieter verzweifelt nach neuen Patienten suchen - dies sei aus seiner Sicht kein gutes Zeichen, warnt Prof. Vogt.