Das neue Gewebegesetz stellt insbesondere Kliniken vor große Herausforderungen. Denn es sieht umfangreiche regulatorische Vorgaben für die Entnahme, Be- und Verarbeitung sowie die Nutzung von menschlichen Geweben und deren Zubereitungen vor. Dies gilt immer dann, wenn sie als Arzneimittel am oder im menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden verwendet werden.
In der Unfallchirurgie und Orthopädie sind hiervon vor allem Gewebebanken betroffen, die in Kliniken Spenderknochen entnehmen. Dazu gehört beispielsweise Knochenmaterial aus Hüftköpfen, die bei der Implantation künstlicher Hüftgelenke entfernt werden. Nach entsprechender Aufbereitung und mit Einwilligung des Spenders dienen sie dazu, auf andere Patienten mit schweren knöchernen Substanzdefekten nach Unfällen oder Tumorresektionen übertragen zu werden.
Hintergrund des Deutschen Gewebegesetzes ist einer Richtlinie des Europäischen Parlaments – die so genannten Geweberichtlinie. Diese legt für Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Qualitätsstandards für die Therapie mit menschlichen Geweben oder Zellen fest. Nach dem Willen des Gesetzgebers in Deutschland soll die Entnahme unter den Bedingungen der so genannten Guten Fachlichen Praxis (GFP) erfolgen.
Für die DGCH hat deshalb die Arbeitsgemeinschaft "Geweberegeneration und Gewebeersatz" ihrer Mitgliedsgesellschaften - der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) - einen Handlungsleitfaden verfasst. Unter fachlicher Beratung u.a. auch des Bundesministeriums für Gesundheit und der Vertretung der zuständigen Landesbehörden ist ein Leitfaden entstanden, der die Gute Fachliche Praxis auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen zunächst für die Gewebegewinnung und damit für Entnahmeeinrichtungen festlegt.
Nach Aussage des Generalsekretärs der DGCH, Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Berlin, berücksichtigt der Leitfaden dabei das unterschiedliche Risikopotential, das nach dem derzeitigen Stand von medizinischer Wissenschaft und Technik mit der Gewinnung verschiedener Gewebe für Spender und Empfänger verbunden ist. "Der Leitfaden geht auf spezielle bauliche, räumliche, personelle, organisatorische und technische Voraussetzungen ein. Er beschreibt die allgemeinen und besonderen Bedingungen für die autologe (Eigen-) und allogene Spende (Fremdspende) sowie für die Entnahme von Gewebe bei lebenden und verstorbenen Spendern", erläutert Professor Bauer. Damit entsteht für Spender und Empfänger größtmögliche Sicherheit und Nutzen. Bauer geht davon aus, dass der Leitfaden zu einem wichtigen Ratgeber für Kliniken werden wird.
Der Leitfaden der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zur Guten Fachlichen Praxis (GFP) für die Entnahme von menschlichen Geweben und Zellen zur Herstellung eines Arzneimittels steht kostenfrei als Download auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (www.dgch.de) zur Verfügung.