Die Untersuchung zeigt auch, dass der Behandlungserfolg um ein Drittel höher liegen könnte, wenn Schlaganfallpatienten konsequent Stroke Units zugewiesen würden und die Lysetherapie fachgerecht erfolge. Davon würden deutschlandweit pro Jahr mehrere hundert Patienten profitieren und körperliche Einschränkungen bis hin zur Pflegebedürftigkeit oder Bettlägerigkeit könnten verhindert werden. Für die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) bestätigen diese Ergebnisse: Akute Schlaganfallpatienten müssen auf zertifizierten Stroke Units behandelt werden.
Zur Versorgung akuter Schlaganfallpatienten wurden in Deutschland Spezialstationen – Stroke Units – eingerichtet. Diese Stationen ermöglichen eine umfassende Schlaganfallversorgung und sind auch die regionalen Organisationszentralen für das Management von Schlaganfallpatienten.
Eine Analyse zur Häufigkeit des Einsatzes der Lysetherapie zeigt nun, dass erhebliche Unterschiede zwischen Krankenhäusern mit und ohne Stroke Unit bestehen. Die „Lyse“ besteht aus einer Infusion mit einem Enzym, das Blutgerinnsel in Blutgefäßen des Gehirns auflöst. „Da die Therapie sehr schnell eingeleitet werden muss und die Patienten zudem sehr sorgfältig ausgewählt werden müssen, stellt diese Behandlung hohe Anforderungen an die Schlaganfallbehandlungskompetenz eines Krankenhauses“, bemerkt Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). „Analysen haben den Nutzen der Lysetherapie auch in der breiten klinischen Routineanwendung belegt“, berichtet Professor Diener und ergänzt: „Die Behandlung auf einer Stroke Unit führt aber über die Lysetherapie hinaus zu einem besseren klinischen Ergebnis bei Schlaganfallpatienten“.
Seit dem Jahr 2002 arbeitet die baden-württembergische „Arbeitsgruppe Schlaganfall“ bei der Geschäftsstelle Qualitätssicherung im Krankenhaus (GeQiK) kontinuierlich an der Verbesserung der Behandlungsqualität. Unter Leitung von Professor Dr. med. Ringleb und Dr. med. Christoph Gumbinger, Universitätsklinik Heidelberg, konnten die AG „Versorgungsforschung in der Neurologie“ und deren Kooperationspartner auf Daten der GeQiK zurückgreifen, die Informationen zur stationären Behandlung von Schlaganfallpatienten aller Krankenhäuser des Bundeslandes erhält. Für die Analyse wurden Daten von Patienten verwendet, die so schnell in der Klinik waren, dass sie potenziell für eine Lysetherapie infrage kamen. „Insgesamt kann man feststellen, dass die Zuweisung von Patienten mit einem Schlaganfall in ein Krankenhaus mit einer Schlaganfallstation meist wie gewünscht stattfindet“, bemerkt Professor Dr. med. Otto Busse, Geschäftsführer der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft zu der Studie. Der Anteil der Patienten, die eine Lysetherapie bekommen, ist bereits hoch. Dennoch finden sich größere Unterschiede zwischen Krankenhäusern: „Schlaganfallzentren behandeln etwa 45 Prozent der Patienten, die innerhalb von 4,5 Stunden in der Klinik sind, mit einer Lysetherapie. Dagegen erhalten in Krankenhäusern ohne Stroke Unit nur 13 Prozent der Patientengruppe eine Lyse“, zitiert Professor Busse aus den Studienergebnissen. Über 17 Prozent der Patienten wurden trotz des „flächendeckenden“ Versorgungsplans in Baden-Württemberg in einem Krankenhaus ohne Stroke Unit behandelt. „Die Analyse zeigt, dass die Behandlungshäufigkeit der Lysetherapie um ein Drittel gesteigert werden könnte. Dadurch blieben auch mehr Patienten nach einem Schlaganfall Behinderungen erspart“, bilanziert der DSG-Geschäftsführer.
Professor Dr. med. Darius Nabavi, Direktor der Neurologischen Klinik des Klinikums Berlin Neukölln und Vorsitzender der Stroke Unit-Kommission der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft leitet aus den Ergebnissen ab: „Akute Schlaganfallpatienten müssen in Krankenhäusern mit Stroke Unit behandelt werden. Es sollte einerseits sichergestellt werden, dass der Rettungsdienst oder Notarzt die Betroffenen nur in Kliniken mit Stroke Unit bringt, andererseits müssen gegebenenfalls die bestehenden Stroke Units vergrößert werden, um die zusätzlichen Patienten aufzunehmen.“