Leitlinien geben Ärzten detaillierte Hinweise zur Diagnose einer Krankheit und klären über verschiedene Therapiemöglichkeiten sowie deren Risiken auf. Basis einer jeden Leitlinie sind wissenschaftliche Publikationen und Studien, die hinsichtlich ihrer Qualität eingeordnet und kritisch bewertet werden. "Diese sogenannte evidenzbasierte Medizin zielt darauf ab, Patienten immer anhand der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu behandeln", erklärte Prof. Dr. Bernhard Hemmer, stellvertretender Vorstandssprecher des KKNMS auf der Pressekonferenz "In unserer jüngsten Überarbeitung der MS-Leitlinien stellen wir Ärzten erstmals auch Evidenztabellen zur Verfügung, sodass unsere Handlungsempfehlungen einfacher und besser nachvollzogen werden können", ergänzt Prof. Dr. Ralf Gold, Vorstandsmitglied des KKNMS, der die Arbeitsgruppe Leitlinien für die DGN und das KKNMS koordiniert.
Darüber hinaus greifen die neuen Leitlinien die revidierten Diagnosekriterien nach McDonald auf und erläutern die vereinfachten MRT-Kriterien nach Swanton. "Insbesondere freut uns, dass wir nur sechs Monate nach EU-Zulassung von Fingolimod, dem ersten oralen MS-Medikament, unseren niedergelassenen Kollegen bereits detaillierte Hinweise zum Anwendungsbereich sowie möglichen Risiken und Nebenwirkungen an die Hand geben können", so Hemmer weiter. Dabei seien die KKNMS-Experten zum Teil über die Empfehlungen der Europäischen Zulassungsbehörde EMA hinausgegangen, um bestmögliche Sicherheit im Umgang mit dem neuen Präparat zu gewährleisten. Grundsätzlich wird empfohlen, alle Patienten, die auf die neue Therapie eingestellt werden, im Rahmen von verfügbaren Registerprogrammen zu dokumentieren, so z.B. PANGAEA bei Fingolimod.
Auch bei Natalizumab, einem weiteren MS-Therapeutikum, gibt es wichtige Neuerungen: Seit diesem Mai gilt der Nachweis von JC-Virus-Antikörpern im Blut als möglicher Biomarker für das Risiko, unter Behandlung eine schwere Hirnhautentzündung (progressive multifokale Leukenzephalopathie, kurz PML) zu entwickeln. In den Leitlinien werden die Studien dazu kritisch reflektiert und es wird erörtert, bei welchen Patientengruppen der Bluttest sinnvoll ist.
Qualitätshandbücher für den Praxisalltag
Die Leitlinienkapitel zu den Medikamenten Natalizumab und Fingolimod erscheinen zusätzlich in je einem gesonderten Qualitätshandbuch, das durch Patientenaufklärungsbogen, Checkliste und Workflow-Tabelle abgerundet wird. "Gerade bei Medikamenten, die so stark ins Immunsystem der Patienten eingreifen, ist es wichtig, Standards in der Anwendung sicherzustellen. Deshalb haben wir uns für die Handbücher als von der Pharmaindustrie unabhängiges Instrument entschieden, das niedergelassenen Neurologen die Arbeitsabläufe im Praxisalltag erleichtern soll", erläutert Hemmer.
Leitlinien und Qualitätshandbücher entstanden in enger Abstimmung mit dem Ärztlichen Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. und der Task Force "Versorgungsstrukturen" des KKNMS.
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Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS)
ist eines von bundesweit 21 Kompetenznetzen in der Medizin, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Sie alle verfolgen das Ziel, Forscher zu spezifischen Krankheitsbildern bundesweit und interdisziplinär zusammenzubringen, um den Austausch zwischen Forschung und Patientenversorgung zu verbessern.
Aktuell gehören dem KKNMS drei Forschungsverbünde an: CONTROLMS, UNDERSTANDMS und CHILDRENMS. Die Geschäftsstelle ist am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München angesiedelt.