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Elektroautos: Keine Gefahr für Patienten mit Herzschrittmacher

Untersuchung des Deutschen Herzzentrums München mit gängigen Elektroautomodellen sorgt für mehr Klarheit/ Auszeichnung mit Forschungspreis

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
In Deutschland leiden mehrere Millionen Menschen an Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen. Viele Betroffene benötigen für eine Regulierung ihres Herzrhythmus einen Herzschrittmacher oder Implantierbaren Cardioverter-Defibrillator (ICD/„Defi“). Rund 110.000 Herzschrittmacher und ICD werden laut Deutschem Herzbericht pro Jahr in Deutschland neu implantiert. Beide Herzimplantate können störanfällig auf starke elektromagnetische Felder reagieren, indem die Geräte diese Felder als eigene Herzaktivität des Schrittmacher- bzw. ICD-Trägers fehlinterpretieren (sog. „Oversensing“) und dadurch ein gefährliches Aussetzen der Pumparbeit des Herzens bewirken bzw. ICD-Schockabgaben fälschlicherweise provozieren können. Elektroautos erzeugen ein elektromagnetisches Feld, so dass auch von diesen Fahrzeugen Störeinflüsse auf Herzschrittmacher und ICD ausgehen könnten. Weil die Verbreitung von Elektroautos und deren Nutzung auch durch Herzpatienten zunehmen dürfte, ist das Interesse der Herzmedizin an Untersuchungen, ob diese Störeinflüsse bedenklich sein können, groß. Nur mangelt es dazu bislang an aussagekräftigen Studien.

Verunsicherung bei Herzpatienten

Deswegen hat der Kardiologe Dr. med. Carsten Lennerz, Oberarzt am Deutschen Herzzentrum München (DHM), eine Untersuchung durchgeführt, die klären sollte, ob für Schrittmacher- und Defi-Patienten bedenkliche Störeinflüsse von Elektroautos ausgehen, beim Fahren des Autos und beim Aufladen. Die Arbeit wurde mit dem renommierten August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) in Höhe von 15.000 Euro ausgezeichnet. „Für Ärzte und für Tausende Herzpatienten, die zukünftig immer mehr privat und beruflich Elektroautos nutzen werden, sind die Erkenntnisse dieser Arbeit wichtig. Erst belastbare Daten ermöglichen es Ärzten, Empfehlungen an ihre Patienten in diesem Bereich zu geben und Patienten unnötige Ängste zu nehmen“, betont der Herzchirurg und Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF, Prof. Dr. med. Hellmut Oelert. Die Studie* wurde 2018 publiziert. „Viele Schrittmacher- und Defi-Träger reagieren wegen möglicher Störeinflüsse oftmals mit großer Verunsicherung auf neue elektrische Geräte wie Elektroautos“, berichtet Lennerz. „Unsere Untersuchung soll Patienten und Ärzten eine verlässlichere Datengrundlage geben, um unnötige Einschränkungen bei der Nutzung von Elektroautos zu vermeiden.“

(Infos für Patienten mit Herzschrittmacher/ICD: Der Ratgeber der Deutschen Herzstiftung „Häufig gestellte Fragen zu Störeinflüssen auf Herzschrittmacher“ (24. S.) ist kostenfrei per Tel. unter 069 955128400 oder per Mail unter bestellung@herzstiftung.de erhältlich). 

Studie belegt Unbedenklichkeit von Elektroautos – vorerst

Dr. Lennerz und Kollegen haben vier Elektroauto-Modelle mit dem (bei Untersuchungsbeginn) höchsten Marktanteil bei 108 Probanden mit Herzschrittmacher bzw. ICD aller Hersteller getestet (Schrittmacher/ICDs im Folgenden kurz „CIEDs“: Cardiac Implantable Electronic Devices). Jeder Proband bekam einen der vier Elektroautos zugeteilt und hat es auf einem Rollprüfstand maximal beschleunigt, bis 120 km/h ausgefahren und das Auto anschließend mit Strom aufgeladen. Gemessen wurde das elektromagnetische Feld im und außerhalb des Autos beim Fahren und Aufladen. Das Fahrzeuginnere ist sehr gut gegen elektromagnetische Felder abgeschirmt. Das Aufladen mit Strom stellt, wenn überhaupt, das kritischere Moment dar, weil hier die stärksten elektromagnetischen Felder auftreten.  Während der Fahrt auf dem Rollprüfstand wurde bei den Probanden ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet, um durch elektromagnetische Felder ausgelöste Störungen der CIED-Funktion zu registrieren. „Unsere Untersuchungen ergaben keinen Hinweis darauf, dass von den Elektroautos für Herzpatienten bedenkliche elektromagnetische Interferenzen ausgehen, die CIEDs in ihrer Funktion stören könnten. Fehlfunktionen der Herzimplantate aufgrund der Nutzung von Elektroautos sind somit unwahrscheinlich“, resümiert Lennerz. Eine dauerhafte Entwarnung sei allerdings nicht möglich: „Elektroautos entwickeln sich in Bauweise und Ladetechnik rapide weiter, was zukünftig neue Untersuchungen erforderlich macht.“

Gefürchtete Komplikationen: CIEDs (Herzschrittmacher/ICD) haben die Funktion, elektrische Signale des Herzens aufzunehmen und diese Signale zur Steuerung der CIED-Impulse zu verwenden. Diese Impulse sorgen für eine ungestörte Pumparbeit des Herzens. CIEDs können in Nähe eines elektromagnetischen Feldes Signale wahrnehmen, die nichts mit dem Herzschlag zu tun haben, diese Signale jedoch als „Herzschlag“ fehlinterpretieren (=elektromagnetische Interferenz). Dadurch würde das Gerät fälschlicherweise aussetzen und das Herz des Patienten würde dann nicht mehr ausreichend bei seiner Pumparbeit unterstützt. Defibrillatoren könnten auch fälschlicherweise Schocktherapien abgeben, falls das elektromagnetische Feld als Kammer-Rhythmusstörung fehlinterpretiert würde. Außerdem wird diskutiert, dass elektromagnetische Felder die implantierten elektrischen Herzgeräte umprogrammieren könnten.

*Originalarbeit: Electric Cars and Electromagnetic Interference With Cardiac Implantable Electronic Devices: A Cross-sectional Evaluation. Lennerz C. et al.,  Ann Intern Med. 2018 Apr 24.  DOI: 10.7326/M17-2930 

Tipp: Für Patienten mit Herzschrittmacher und ICD bietet die Herzstiftung den kostenfreien Ratgeber „Häufig gestellte Fragen zu Störeinflüssen auf Herzschrittmacher“ (24. S.) an, anzufordern per Tel. unter 069 955128400 oder per Mail unter bestellung@herzstiftung.de

Dank der finanziellen Unterstützung durch Stifterinnen und Stifter, Spender und Erblasser kann die Deutsche Stiftung für Herzforschung (www.dshf.de) – von der Deutschen Herzstiftung e. V. 1988 gegründet – Forschungsprojekte in einer Größenordnung finanzieren, die die Deutsche Herzstiftung e. V. und die DSHF in der Herz-Kreislauf-Forschung unverzichtbar machen.

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