Die große Mehrheit der AHF kann heute durch Operationen oder Kathetereingriffe so gut behandelt werden, dass sich die meisten Betroffenen normal entwickeln und ein nahezu normales Familien- und Berufsleben führen können. „Patienten – manchmal sogar auch der behandelnde Arzt – wiegen sich daher über viele Jahre in trügerischer Sicherheit, bis es zu bedrohlichen Komplikationen kommt. Viele Patienten wissen auch nicht oder verdrängen, dass auch noch Jahre nach einer zunächst erfolgreichen Herzfehlerbehandlung Spätkomplikationen eintreten können“, berichtet Prof. Kaemmerer. Alarmiert sind EMAHSpezialisten wie er von der Tatsache, dass bei Betrachtung der Leistungszahlen von EMAHPraxen und -Zentren ca. 200.000 der EMAH – also rund 80 % der Betroffenen insgesamt – nicht in einer spezialisierten Versorgung stehen („Lost to follow-up“).
Bundesweite Informationskampagne sensibilisiert EMAH für jährlichen Herz-Check
Um dieser bedenklichen Entwicklung gegenzusteuern, haben sich die Deutsche Herzstiftung und EMAH-Spezialisten der EMAH-Zentren und -Praxen zum Ziel gesetzt, mit einer bundesweiten Informationskampagne (www.emah-check.de) Betroffene für die lebensnotwendige EMAH-zertifizierte Nachsorge zurückzugewinnen. „Diagnose: Herzensangelegenheit – jetzt den EMAH-Check machen!“ lautet daher das Motto der längerfristig angelegten Kampagne. Deutschland verfügt über ein im internationalen Vergleich erstklassiges Versorgungssystem für Menschen mit AHF. Neue Medikamente, moderne kathetergestützte und herzchirurgische Therapieverfahren können EMAH zu einer besseren Lebensqualität und Prognose verhelfen. „Wir müssen verhindern, dass Patienten wegen Wissenslücken über den eigenen Herzfehler, schlechten Erfahrungen mit Ärzten ohne EMAH-Expertise oder wegen der Distanz zum nächsten EMAH-Spezialisten ihre Nachsorge versäumen oder gar ihr Leben riskieren“, betont Herzstiftungs-Vorsitzender Prof. Meinertz.
Wichtige Hilfen: Patienten- und Ärztetage sowie Adresslisten mit EMAH-Ärzten
Die Deutsche Herzstiftung stellt unter www.emah-check.de kostenfrei Ratgeber für EMAH und ihre Angehörigen sowie eine Liste der EMAH-zertifizierten Praxen und Zentren zur Verfügung. Diese Informationen richten sich direkt an EMAH und deren Angehörige, eignen sich aber ebenso für nicht-spezialisierte Ärzte vieler Fachrichtungen. Die Ratgeber und Expertenschriften widmen sich EMAH-Versorgungsstrukturen, Fragen zur Belastung/Belastbarkeit bei angeborenem Herzfehler, Sexualität/Schwangerschaft/Empfängnisverhütung, sozialmedizinischen Aspekten (Beruf, Versicherung). Im Rahmen der Informationskampagne bieten acht ausgewiesene EMAHZentren im Juni und Juli 2018 Patienten- und Ärztetage zu den wichtigsten EMAHspezifischen Themen an (Termine unter: www.emah-check.de).
EMAH auch in den Wartezimmern der Hausärzte erreichen
Haus- und Allgemeinärzten kommt bei der Ansprache und Motivierung der aus der Nachsorge „verlorenen“ EMAH eine Schlüsselfunktion zu. Sie können und sollten die Betroffenen in eine EMAH-zertifiziert kardiologische Praxis oder Ambulanz, weiterverweisen und so die Behandlungskontinuität sichern. „Wir begleiten die Betroffenen teils lebenslang. Darüber hinaus müssen wir auch die Hausärzte, Allgemeinärzte sowie andere Fachärzte wie Internisten oder Geburtshelfer, sensibilisieren, die neue EMAH-Patientengruppe einer herzfehlerspezifischen Versorgung zuzuführen und alle erforderlichen und verfügbaren präventiven Maßnahmen zu nutzen“, betonen Prof. Kaemmerer und Dr. Neidenbach (DHM).
EMAH-Zentren informieren Patienten und Ärzte an vier Standorten
Im Rahmen der Informationskampagne bieten acht ausgewiesene EMAH-Zentren im Juni und Juli 2018 Patienten- und Ärztetage zu den wichtigsten EMAH-spezifischen Themen (Termine unter: www.emah-check.de). Veranstaltungsorte sind Leipzig (zusammen mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin), Hamburg (zusammen mit dem Universitätsklinikum (UK) Kiel), Köln (mit UK Münster), und München (mit UK Erlangen). Das Programm richtet sich an Betroffene und deren Angehörige sowie an Haus- und Allgemeinärzte, Internisten, Kardiologen sowie an EMAH-Ärzte.
Angeborene Herzfehler erfordern andere Herzspezialisten als erworbene Herzkrankheiten
Etwa 40 verschiedene angeborene Herzfehler (AHF) sind bekannt: Das können Veränderungen an den Herzkammern, an den Herzklappen oder an den Trennwänden zwischen den Herzkammern (Loch in der Herzscheidewand) sein. Selbst bei einfachen, nach Operation häufig als harmlos eingestuften Herzfehlern können sich mit zunehmendem Alter schwerwiegende Probleme einstellen, mit denen man bislang nicht gerechnet hat. Zusätzlich zum AHF entwickeln sich im Erwachsenenalter erworbene Herzerkrankungen wie koronare Herzkrankheit (Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, die zum Herzinfarkt führen kann), Herzklappenfehler und andere Organerkrankungen an Lunge und Nieren. Diese erworbenen Zusatzerkrankungen beeinflussen den Herzfehler und umgekehrt.
„Die EMAH-Behandlung unterscheidet sich nicht selten deutlich von der Behandlung eines Herzpatienten mit einer ,erworbenen‘ Herzerkrankung oder anderen Organerkrankungen“, unterstreicht EMAH-Spezialist Prof. Kaemmerer. Nicht nur Betroffene, sondern auch Ärzte und Beschäftigte in der medizinischen Versorgung sollten sich über die Besonderheiten bei der Versorgung von EMAH informieren: www.emah-check.de
Auch wenn sich viele EMAH über viele Jahre beschwerdefrei fühlen: die Mehrheit der EMAH ist nicht dauerhaft geheilt, sondern muss neben herzfehlerspezifischen Problemen mit Folgen für ihre Lebensqualität, ihre Leistungs- sowie Arbeitsfähigkeit und Prognose rechnen. Nachsorge und Vorsorge kann helfen, Befinden und Prognose der Betroffenen zu verbessern!