Zusätzliche Atemspende überfordert viele Ersthelfer
Häufiger Grund für das Nichtstun von Ersthelfern ist die zusätzliche Atemspende, wie Prof. Andresen aus eigenen Untersuchungen gemeinsam mit der Berliner Feuerwehr weiß. Viele Ersthelfer lähmt im Ausnahmezustand die Komplexität, neben der Herzdruckmassage zusätzlich die Atemspende anwenden zu müssen. „Immer wieder berichten Zeugen eines Herz-Kreislaufstillstands, sie waren so aufgeregt und gerade zu ,kopflos‘, dass sie nicht wussten, wie sie die Mund-zu-Mund-Beatmung einsetzen sollten: im Verhältnis 15:2 oder 30:2? Um nichts falsch zu machen, haben sie dann lieber gar nichts unternommen“, berichtet der Klinikdirektor für Kardiologie am Ev. Hubertus- und Martin-Luther-Krankenhaus Berlin.
Das sind die Schritte der Laien-Reanimation: Prüfen, Rufen, Drücken
Die Wiederbelebung durch Laien besteht aus den folgenden einfachen Schritten:
- Zuerst prüft man die Bewusstlosigkeit der kollabierten Person („Prüfen“), indem man sie anspricht („Hallo, hallo, wie heißen Sie, was ist passiert?“) und sie kräftig an beiden Schultern fasst und schüttelt. Für die anschließende Prüfung der Atmung überstreckt man den Kopf der bewusstlosen Person und hört und fühlt, ob sie atmet (Schnappatmung und Röcheln keine normale Atmung, sondern typisch für erste Phase des Herzstillstandes).
- Dann setzt der Ersthelfer den Notruf (112) für den Rettungsdienst („Rufen“) ab. Dabei laut und deutlich den eigenen Namen, genauen Standort und was passiert ist nennen. Möglichst alle Fragen der Notrufzentrale beantworten.
- Die Herzdruckmassage ohne Atemspende („Drücken“) ist die zentrale Erstmaßnahme: Im Knien neben der bewusstlosen Person, egal ob rechts oder links, wird ein Handballen auf die Mitte des Brustkorbs gesetzt und die zweite Hand auf den Handrücken der ersten platziert. Mit gestreckten Armen drückt man das Brustbein tief (5 bis maximal 6 cm) und schnell (100- bis 120-mal pro Minute) in Richtung Wirbelsäule – zum Beispiel im Takt des Hits “Stayin’ Alive” von den Bee Gees. Das tut man ohne Unterbrechung solange, bis der Rettungsdienst eintrifft und die notfallmedizinische Versorgung übernimmt.
Diese lebensrettenden Wiederbelebungsmaßnahmen führen in Deutschland leider nur etwa 40 Prozent der Ersthelfer durch. „Es müssen und könnten noch viel mehr sein, was andere Länder wie Schweden oder die Niederlande belegen“, so Prof. Andresen. „Wir müssen die Laien-Reanimation so vereinfachen, dass sie jeder sofort ohne Zögern anwenden kann.“ Deshalb empfiehlt die Deutsche Herzstiftung Laien ausdrücklich, die Herzdruckmassage nicht durch die zusätzliche Mund-zu-Mund-Beatmung zu unterbrechen.
Warum keine Beatmung?
Mehrere wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine Unterbrechung der Herzdruckmassage z. B. durch Mund-zu-Mund-Beatmung ungünstig ist. In Schweden konnte gezeigt werden, dass sich viel mehr Menschen trauen, eine Wiederbelebung durchzuführen, wenn die Richtlinien einfach und leicht anwendbar sind: In Schweden ist die Anzahl der Reanimationen mit Herzdruckmassage, aber ohne Mund-zu-Mund-Beatmung, von 5,4 % (im Jahr 2000) auf 30,1 % (im Jahr 2017) gestiegen (1). Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl der Patienten, die nicht reanimiert wurden, von 59 % auf 32 %. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung sollte deshalb nur von Personen angewendet werden, die auch regelmäßig geschult sind und die einzelnen Schritte sicher beherrschen, so die Empfehlung der Herzstiftung. Eine einmalige Schulung reicht dazu nicht aus (2). In den ersten Minuten befindet sich im Körper nach dem Kollaps noch genügend Sauerstoff im Blut, um die Versorgung des Organismus mit Sauerstoff und Nährstoffen bis zum Eintreffen des Rettungsteams zu gewährleisten.
(1) Riva G., et al., Survival in Out-of-Hospital Cardiac Arrest After Standard Cardiopulmonary Resuscitation or Chest Compressions Only Before Arrival of Emergency Medical Services: Nationwide Study During Three Guideline Periods, Circulation (2019; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.038179)
(2) Andresen D., et al., Public access resuscitation program including defibrillator training for laypersons: a randomized trial to evaluate the impact of training course duration. Resuscitation. 2008 Mar;76(3):419-24. Epub 2007 Oct 31 (doi: 10.1016/j.resuscitation.2007.08.019
Herznotfall: Hilfreiche Video-Clips und kostenfreies Infomaterial
Herznotfall-Webseite
Die für Herzinfarkt und Herzstillstand erforderlichen Schritte, die Ersthelfer wissen müssen, erläutert leicht verständlich die Herznotfallseite der Herzstiftung www.dhs.tips/herznotfall
Erklär-Videos
Herzdruckmassage lässt sich in weniger als einer Minute erlernen. Das zeigt der Wiederbelebungs-Film „Prüfen, Rufen, Drücken – 3 einfache Schritte, die Leben retten“ unter www.herzstiftung.de/...
Mut zur Wiederbelebung: Wie Michael B. gerettet wurde, zeigt ein Video-Clip mit einer Nachstellung der wichtigsten Verhaltensmaßnahmen bei Herzstillstand www.youtube.com/...
Notfallset „Was tun im Notfall?“
Ein Notfallset mit dem Ratgeber „Was tun im Notfall?“ (14 Seiten) und 2 Notfallkärtchen fürs Portemonnaie mit Darstellungen der Herzinfarkt-Alarmzeichen und Erläuterungen zur Wiederbelebung für Laien bietet die Herzstiftung kostenfrei unter Tel. 069 955128400 oder unter www.herzstiftung.de/... an.
Weitere Literatur
Zhan L., et al., Cochrane Database Syst Rev. 2017, Continuous chest compression versus interrupted chest compression for cardiopulmonary resuscitation of non-asphyxial out-of-hospital cardiac arrest.
Trappe, H.-J., et al., Kardiopulmonale Reanimation – Update 2015, DGK-Pocketleitlinie, Düsseldorf 2015
Bobrow, B. J. et al., JAMA 2010, Chest compression-only CPR by lay rescuers and survival from out-of-hospital cardiac arrest.
Bobrow, B. J. et al., JAMA. 2008, Minimally interrupted cardiac resuscitation by emergency medical services for out-of-hospital cardiac arrest.
SOS-KANTO study group, Lancet. 2007, Cardiopulmonary resuscitation by bystanders with chest compression only (SOS-KANTO): an observational study.