Über 300 Einrichtungen bundesweit beteiligen sich an dem Aktionstag gegen den Schmerz und beraten am 5. Juni 2018 Patienten, Angehörige und Interessierte rund um das Thema Schmerz. Patienten können an diesem Tag auch telefonisch Rat einholen: Unter der Rufnummer 0800 18 18 120 stehen von 9.00 bis 18.00 Uhr mehrere Duzend Expertinnen und Experten zur individuellen Beratung bereit. „Schmerzen zu behandeln ist oft schwierig und erfordert Spezialisten, die möglichst berufs- und fächerübergreifend mit anderen Experten zusammenarbeiten“, erklärt Professor Casser. „Diese Erkenntnis muss noch viel stärker in den Behandlungsalltag eingebracht werden. Das war der Grund für die Bewerbung beim G-BA-Innovationfonds mit dem Projekt PAIN 2020“, so Casser, Ärztlicher Direktor des DRK Schmerz-Zentrums Mainz. PAIN 2020 steht für „Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk.“ und wird bundesweit zusammen mit der BARMER und über 30 Kooperationspartnern durchgeführt. Es hat eine Laufzeit von drei Jahren und ein Gesamtvolumen von rund sieben Millionen Euro. Das Projekt soll Wege aufzeigen, die Versorgung von Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung chronischer Schmerzen haben, zu verbessern. „Ein Ziel ist also auch, unnötige Chronifizierungsverläufe zu verhindern, von denen wir wissen, dass sie eine immense Belastung für die Patienten und die Gesellschaft darstellen“, sagt Casser. Im PAIN 2020-Projekt sollen diese Patienten rechtzeitig identifiziert werden, um dann eine spezielle Schmerzdiagnostik in Form eines interdisziplinären multimodalen Assessments und eine auf ihre Problematik zugeschnittene Therapie zu erhalten. Wenn dadurch die Versorgung verbessert werden kann, könnte dieses Modellprojekt in die Regelversorgung überführt werden.
Wohin mit opioidhaltigen Schmerzpflastern?
Schmerzmittel werden als Tabletten, Zäpfchen, Tropfen, Säfte oder Pflaster verabreicht, dazu gehören auch verschreibungspflichtige opioidhaltige Schmerzpflaster. Letztere enthalten nach dem Gebrauch noch eine recht große Menge an Wirkstoff. „Einer der verwendeten Wirkstoffe ist das Opioid Fentanyl, das bis zu hundertmal stärker als Heroin ist. Das macht die gebrauchten Pflaster interessant für Drogenabhängige“, sagt Professor Dr. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK). Drogenabhängige sammeln gebrauchte Pflaster im Müll von Kliniken, Heimen und Hospizen, kochen sie aus, um die herausgelösten Wirkstoffe dann zu injizieren, so die Expertin. Überdosierung führt zu Bewusstlosigkeit, Atemlähmung und sogar zum Tod.
Die Entsorgung der Pflaster ist jedoch nicht gesetzlich geregelt. Um zunächst die Frage zu klären, wie derzeit mit gebrauchten Pflastern umgegangen wird, hat der DBfK eine Online-Umfrage mit 1216 Teilnehmern aus Pflegeberufen durchgeführt. Das Ergebnis: Nur gut 20 Prozent aller Einrichtungen/Pflegedienste hat eine verbindliche Anweisung zum Umgang mit gebrauchten Pflastern. 68 Prozent entsorgen die Pflaster im Müll, 48 Prozent kleben vorher die Innenflächen zusammen. „Wir wollen auf die Gefahr des Missbrauchs hinweisen und geben zugleich mit unserem heute veröffentlichten Leitfaden Impulse, wie man gegensteuern kann“, sagt Bienstein. „Eine Entsorgung im sogenannten Spritzenabwurf halten wir beispielsweise für praktikabel. Langfristig sollte es aber gesetzliche Vorgaben für die Entsorgung dieser Medikamentenreste geben“, ergänzt die DBfK-Präsidentin. Der neue Leitfaden für Betroffene, pflegende Angehörige und Fachpersonal kann von der Webseite des Verbands heruntergeladen werden.
Nicht-verschreibungspflichtige Schmerzmittel zur Eigenmedikation
Nicht jeder Mensch mit Schmerzen geht zum Arzt. 437 Millionen Euro gaben die Deutschen 2017 laut Deutschem Apothekerverband (DAV) e.V. für nicht-verschreibungspflichtige Schmerzmittel aus. Spitzenreiter sind Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol und Diclofenac. „Diese Arzneien unterscheiden sich in ihrer Wirkung und in ihren Nebenwirkungen, denn Schmerzmittel ist nicht gleich Schmerzmittel“, sagt Berend Groeneveld, Vorstandsmitglied und Patientenbeauftragter des Deutschen Apothekerverbandes. Auch wer Schmerzmittel durch den Arzt verordnet bekommt, nimmt in der Selbstmedikation bei bestimmten Schmerzen zusätzliche Schmerzmittel ein. Auch hier können Doppeldosierungen oder Wechselwirkungen auftreten, oft ist der Apotheker die Erstinstanz, die das erkennen kann, und dann interdisziplinär mit dem Arzt sowie in Absprache mit dem Patienten die notwendigen Anpassungen durchführt, wie es auch im Medikationsplan vorgesehen ist. Wer häufig oder über einen langen Zeitraum Schmerzmittel nimmt, sollte immer mit seinem Arzt oder Apotheker sprechen und sich über Behandlungsalternativen informieren.“
Weitere Informationen, Materialien und die Teilnehmerliste „Aktionstag gegen den Schmerz“ unter www.aktionstag-gegen-den-schmerz.de