Doch wie sieht es mit der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten aus? Wer erfüllt die Vorgaben oder geht gar darüber hinaus? Wer hinkt hinterher? Analysen von Umweltverbänden zeigen erschreckende Defizite, aber auch viele positive Entwicklungen.
Erfolge und Versäumnisse
In zwei gemeinsam erarbeiteten umfangreichen Analysen ziehen Umweltverbände eine teilweise ernüchternde Bilanz. Während zum einen der Stand in den Mitgliedsländern analysiert und über ein Ampelsystem bewertet wird, bietet der „Best Practice Report“ einen Überblick zu existierenden Maßnahmen in einzelnen EU-Mitgliedsländern sowie in Norwegen und der Schweiz.
Analyse der Umsetzung der Einwegkunststoff-Richtlinie
Die Bewertung der Umsetzung der SUP-Richtlinie gibt detaillierte Einblicke in die Fortschritte einzelner Länder (EU und Norwegen). Dabei hebt ein grüner Farbcode die Länder wie z. B. Frankreich oder Schweden hervor, die über die Richtlinie hinausgehende Maßnahmen gesetzlich verankert haben.
Während Länder wie Polen, Rumänien oder Bulgarien, die hier deutlich hinterherhinken, rot gekennzeichnet sind. Alle anderen (orange) haben bislang nur Teile der Richtlinie umgesetzt.
„Nur 5 Länder schaffen eine positive Bewertung. Das ist zu wenig. Deshalb wird sich der Eintrag dieser am häufigsten in die Meeresumwelt gelangenden Einweg-Konsumgüter nicht spürbar reduzieren“, erklärt Diplom-Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz (DSM).
Best Practice Report
In ihrem Best Practice Report zeigen der europäische Meeresschutzdachverband „Seas at Risk“, bei dem die DSM Mitglied ist, und die #breakfreefromplastic-Bewegung 160 wirksame, praktische Maßnahmen zur Reduzierung von Einwegkunststoffen.
Ergänzt wird der Report durch eine mehrsprachige interaktive Karte. Damit wollen die Umweltschützer Behörden, Unternehmen, Schulen, lokale Gemeinden und Verbraucher ermutigen, Einwegkunststoffe zu reduzieren.
Damit will man die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der SUP-Richtlinie unterstützen.
Nicht allein auf das Handeln der Regierungen verlassen
„Einwegplastik ist das Symbol der heutigen Wegwerfgesellschaft und seine Abschaffung ist ein erster Schritt im Kampf gegen die Plastikverschmutzung. Jedoch können wir uns nicht allein auf den politischen Willen der Regierungen verlassen. Deshalb brauchen wir mutige und effektive Aktionen aus der gesamten Gesellschaft, um eine Welle der Veränderung anzustoßen. Aus diesem Grund haben wir Lösungen gesammelt, die zu neuen Lebens- und Konsumgewohnheiten inspirieren sollen. Lösungen, die respektvoller mit unseren Ozeanen, unserem Planeten und uns selbst umgehen“, erklärt Frédérique Mongodin, Senior Marine Litter Policy Officer bei Seas At Risk.
Kein Musterknabe: Deutschland
Die Bundesregierung hat als Beitrag zur SUP-Richtlinie eine Verpflichtung für gastronomische Betriebe (größer als 81 Quadratmeter und mindestens 6 Mitarbeiter) eingeführt, nur noch wiederverwendbare To-go-Behälter anzubieten. Jedoch tritt dies erst 2023 in Kraft.
Ab 2022 entfallen auch fast alle bisher geltenden Ausnahmen von der Pfandpflicht für Einweggetränkeflaschen und -dosen aus Kunststoff. Für Milch und Milchprodukte wird das Pfandsystem allerdings erst ab 2024 gelten.
„Deutschland zeigt wenig Ehrgeiz und geht kaum über die Vorgaben der SUP-Richtlinie hinaus. Deshalb sind wir von einer Plastikwende zum Schutz der Meere und der Umwelt noch meilenweit entfernt“, bedauert Ulrich Karlowski.
Hintergrund Einwegplastik
Jedes Jahr landen schätzungsweise 4 bis 8 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer. Weltweit sterben unzählige Meerestiere wie Wale, Delfine, Robben, Meeresschildkröten oder Seevögel, weil sie Plastikteile verschlucken oder sich darin verheddern.
Außerdem belastet Plastikverschmutzung die Meere mit Giftstoffen und bedroht Meeresökosysteme über Jahrhunderte.
Müll aus Einwegkunststoffprodukten überwiegt
Eine vollständige Entfernung des Plastikmülls aus den Meeren ist unmöglich. Deshalb ist der einzige Ausweg ist eine systemische Veränderung, die die Plastikverschmutzung an der Quelle bekämpft .
Laut einer Studie von Seas At Risk aus dem Jahr 2017, „Single-use plastic and the marine environment“, bestehen die meisten der an Stränden entdeckten Abfälle aus Einwegkunststoffprodukten und weggeworfener Fischereiausrüstung. Angesicht der gleichzeitig stark steigenden weltweiten Kunststoffproduktion bedarf es dringend wirksamer Lösungen.
EU hat eine Vorreiterrolle
Die Europäische Union spielt beim Kampf gegen Plastikverschmutzung mit der Einführung der „Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt“, auch als „EU-Richtlinie zu Einwegplastikprodukten“ bekannt, eine Vorreiterrolle. Denn ihr Ziel ist es, die Meeresverschmutzung durch Plastik um 70 % zu reduzieren.
Die meisten der an Stränden entdeckten Abfälle sind aus Einwegkunststoffprodukten und weggeworfener Fischereiausrüstung
Daher sind zehn Kunststoffgegenstände, die in der EU den größten Plastikmüll-Anteil haben, ab dem 3. Juli 2021 verboten. Darunter fallen Einwegkunststoffprodukte wie Plastikteller, Nahrungsmittel- und Getränkebehälter aus Polystyrol, Trinkhalme oder Besteck aus Plastik.
Weniger Verbrauch – höhere Sammelquote
Die Richtlinie setzt den Mitgliedsländern zudem ehrgeizige Ziele bei der Verbrauchsminderung von anderen Gegenständen wie Bechern und Nahrungsmittelbehältern.
Außerdem soll eine erweiterte Herstellerverantwortung für Nahrungsmittel- und Getränkebehälter, Tabak sowie Verpackungen eingeführt und eine neunzigprozentige Sammelquote von Einwegkunststoff-Flaschen erreicht werden.
SUP-Richtlinie – Downloads
Single Use Plastic Implementation Assessment Report
erstellt von: Break Free from Plastic, Rethink Plastic, Seas at Risk, Surfrider Foundation Europe und Zero Waste Europe
Bewährte Praktiken zur Reduzierung Abschaffung von Einwegkunststoffprodukten in Europa
erstellt von: Break Free from Plastic und Seas at Risk
Interaktive Karte Best-Practice-Beispiele bei der Umsetzung der SUP-Richtlinie in Europa
erstellt von: Seas at Risk