„Die ständige Anwesenheit dieser Küsten-Spitzenprädatoren wäre von unschätzbarem Vorteil für die Ökosystem-Stabilität und den Erhalt der Artenvielfalt in den israelischen Meeresschutzgebieten und entlang der 200 km langen Mittelmeerküste Israels“, erklärt Delphis-Projektmitarbeiter und Apexraubtierforscher Dr. Aviad Scheinin.
Rückkehr nach 50 Jahren Abwesenheit
Die fast 3 m große Mittelmeer-Mönchsrobbe gehört zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Meeressäugetieren Europas. Bis 2010 galt die Art in Israel als lokal ausgestorben. Dann tauchten nach 50 Jahren Abwesenheit zwei Tiere für eine wenige Tage dauernde Stippvisite auf. Seitdem dokumentierte Delphis fast 100 Sichtungen. Um wie viele Individuen es sich dabei insgesamt handelt, ist nicht bekannt. Nachweislich konnten bislang mindestens vier Robben identifiziert werden. Man nimmt an, dass es sich um Individuen aus der türkischen Population handelt.
Keine Lebensräume für Mönchsrobben in Israel
Im März 2023 veröffentlichte Delphis eine umfassende Bestandsaufnahme möglicher Mönchsrobben-Habitate an der israelischen Mittelmeerküste. Das Ergebnis ist alarmierend. Für eine dauerhafte Rückkehr gibt es keine Lebensräume. Passende Höhlen und Grotten sind eingestürzt, wurden vom Menschen verändert oder sind durch den Anstieg des Meeresspiegels und intensiven Tourismus für die Robben nicht mehr nutzbar.
Delphis plant jetzt die Wiederherstellung eingestürzter Höhlen und den Bau künstlicher Grotten.
„Ohne intakte Lebensräume lässt sich das Artensterben nicht aufhalten. Deshalb setzen wir uns mit unseren Partnern von Delphis für die Restaurierung und den Bau neuer Mönchsrobben-Höhlen ein“, erklärt Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.
Mönchsrobbe Yulia verzaubert Israel
Die Vision, Mönchsrobben wieder Lebensräume in Israel zu bieten, erschien den meisten Beteiligten anfangs wie ein ferner Traum. Dann kam Yulia.
„Nur zwei Monate nach dem Start des Projekts beschloss eine Mittelmeer-Mönchsrobbe aus eigenem Antrieb, ohne auf eine offizielle Einladung zu warten, in unserem Land aufzutauchen“, schreibt Delphis augenzwinkernd über den Besuch des Mönchsrobben-Weibchens, das man Yulia nannte. Es erschien Mitte Mai an einem Strand bei Tel Aviv-Jaffa. Ganz untypisch für die sonst eher scheuen Tiere, robbte Yulia an Land und ruhte sich aus.
Viele Menschen kamen, um Yulia zu bestaunen. Freiwillige Helfer von Delphis und Behördenmitarbeiter stellten mit Absperrungen sicher, dass man den seltenen Gast nicht störte. Als sie schließlich weiterzog und einen Strand im Gazastreifen aufsuchte, sorgten Israelis und Palästinenser gemeinsam dafür, dass Yulia ihre Ruhe hatte. „Sie kennt keine Grenzen, keine Kriege zwischen den Ländern“, sagte Ruthy Yahel, Meeresökologin bei der staatlichen Naturparkbehörde, gegenüber der New York Times.
Die fast 2 m große und etwa 20 Jahre alte Yulia ist keine Unbekannte: Das reisefreudige Weibchen wurde 2007 erstmals in der Türkei gesichtet, wie türkische Forschende anhand von Fotos erkannten.
Mittelmeer-Mönchsrobben ein Zuhause bieten
Entgegen allen Erwartungen hat sich die Population der Mittelmeer-Mönchsrobben in den vergangenen Jahren leicht erholt. Man schätzt, dass es derzeit rund 700 Individuen gibt. Etwa 400 von ihnen leben an den Küsten Griechenlands, Zyperns und der Türkei.
„Es gibt also Grund zum Optimismus“, meint Dr. Mia Elasar von Delphis, Leiterin der Robbenforschung in Israel. „Wenn wir wollen, dass sie hierbleiben, müssen wir ihnen Orte bieten, an denen sie ungestört ruhen können. Wir müssen ein Zuhause für sie schaffen.“
Kontakte Delphis:
Mia Elasar, Ph.D
elasar.ma@gmail.com
Mediterranean Monk seal project coordinator, Delphis, for marine mammals in Israel
Research fellow, The Leon Recanati Institute for Maritime Studies, University of Haifa
Aviad Scheinin, Ph.D
ascheinin@univ.haifa.ac.il
Head of Marine Apex Predators Lab, Morris Kahn Marine Research Station, Department of Marine Biology, Leon H. Charney School of Marine Sciences, University of Haifa
Head of Dolphin and Sea Center, Delphis (NGO)