Nicht alles, aber viel für Tiefsee-Ökosysteme im Nordwestatlantik erreicht
Die Verbotszonen für Tiefseefischer befinden sich entlang der Neufundlandbank (Grand Banks) und der Flämischen Kappe (Flemish Cap) außerhalb kanadischer Hoheitsgewässer vor Neufundland. Es sind Hotspots der Biodiversität. Denn hier leben vor allem Tiefseekorallen, Schwämme, Seefedern und andere wichtige Tiefseearten.
Zwar hatte der NAFO-Wissenschaftsrat sogar weiter gehende Schritte empfohlen. Doch setzte sich der Vorschlag, noch größere Areale zu sperren sowie auch Tiefsee-Ökosysteme, die von Moostierchen und Seescheiden dominiert werden, nicht durch.
„Die meisten Länder haben die Notwendigkeit erkannt, Überfischung zu verhindern, die Widerstandsfähigkeit von Meeresökosystemen gegenüber den Auswirkungen der globalen Erwärmung zu verbessern und den Verlust der biologischen Vielfalt, auch in den Meeren, aufzuhalten und umzukehren”, sagte Matthew Gianni, der für die Deep Sea Conservation Coalition (DSCC) an der NAFO-Jahrestagung teilnahm.
„Die Sperrung großer Gebiete im Nordwestatlantik für die zerstörerische Grundschleppnetzfischerei ist entscheidend für den Fortbestand dieser sensiblen und artenreichen Tiefseelebensräume“, meint der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz (DSM), die der (DSCC) angehört.
Rückschlag für Tiefseefischer
Von den vom NAFO-Wissenschaftsrat unterbreiteten 13 Vorschlägen zur Ausweitung bestehender Fischereisperrungen und zur Einrichtung neuer Verbotszonen konnten sich fünf vollständig durchsetzen. Nach fünf Jahren soll dann eine Überprüfung stattfinden. Vier weitere Vorschläge treten vorerst nur für zwei Jahre in Kraft. Anschließend folgt auch hier eine Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen.
Nicht durchsetzen konnten sich vier weitere Vorschläge. Die betroffenen Ökosysteme bleiben deshalb ungeschützt vor den Zerstörungen durch Tiefseefischer. „Es muss noch mehr getan werden, vor allem im Lichte der wissenschaftlichen Empfehlungen, die auf der Tagung vorgelegt wurden“, mahnt daher Matthew Gianni.
UN will Fortschritte im Tiefseeschutz prüfen
Im Jahr 2022 wird die UN-Generalversammlung die Maßnahmen der NAFO-Länder und anderer an der Regulierung der Hochseefischerei beteiligter Staaten daraufhin überprüfen, welche Fortschritte beim Schutz von Tiefsee-Ökosystemen vor Tiefseefischern erzielt wurden.
Zum Hintergrund: Grundschleppnetzfischerei
Die Grundschleppnetzfischerei ist derzeit die für das Leben in den Meeren gefährlichste legale Fischereimethode. Sie steht der illegalen Dynamitfischerei und ihren verheerenden Auswirkungen in nichts nach. Beide gehen mit hohen Beifangverlusten einher. Sie zerstören Meeresböden. Vernichten artenreiche, sensible Ökosysteme wie Korallenriffe oder Seeberge. Zusätzlich werden große Mengen des in den Sedimenten gespeicherten Klimagases CO2 freigesetzt. Alles was bleibt, ist eine leblose Wasserwüste.
Während Dynamitfischerei jedoch international geächtet ist, bewegen sich Grundschleppnetzfischer im Rahmen geltender Fischereibestimmungen. Auch in den meisten EU-Meeresschutzgebieten dürfen sie operieren.
Zum Hintergrund: Was ist die NAFO?
Die 1979 gegründete Nordwestatlantische Fischereiorganisation (NAFO/Northwest Atlantic Fisheries Organization) ist eine zwischenstaatliche Organisation für Fischereiwissenschaft und -management. Ziel der derzeit 13 Vertragsstaaten ist die langfristige Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Übereinkommensbereich. Dabei soll auch der Schutz der marinen Ökosysteme, in denen diese Ressourcen vorkommen, sichergestellt werden.
Das NAFO-Übereinkommen gilt dabei für die meisten Fischereiressourcen des Nordwestatlantiks. Ihr Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf internationale Gewässer zwischen dem 42. und 59. Breitengrad westlicher Länge und nördlich des 35. Längengrades. Hiervon ausgenommen sind lediglich Arten, die in den Managementbereich anderer Fischereiorganisationen fallen: Lachs (NASCO), Thunfische und Marline (ICCAT), Wale (NAMMCO) sowie sesshafte Arten wie Muscheln.
Zu den 13 NAFO-Vertragsstaaten gehören u. a. Kanada, die USA, Dänemark (für Grönland und die Färöer), Island, Japan sowie die Europäische Union.