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"Wirkung gegen Null"

Kraftfahrtbundesamt hält Prüfergebnisse über mangelhafte Dieselfilter zurück

(lifePR) (Berlin, )
Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Resultate der KBA-Nachprüfungen von GAT und Bosal-Filtern – Verkehrs- und Umweltministerium verfolgen rechtswidrige "Schwamm-drüber-Strategie": Steuervorteile und Feinstaubplaketten für mindestens 40.000 eingebaute Betrugsfilter sollen weiter gelten – DUH-Bundesgeschäftsführer Resch: Der Verzicht auf den Widerruf von Betriebserlaubnissen schwächt zivilrechtliche Ansprüche betroffener Autohalter und unterminiert insgesamt das Vertrauen in Diesel-Nachrüstung, Filterplaketten und Umweltzonen

Mit einer verfehlten Geheimhaltungspolitik hat es das Kraftfahrtbundesamt (KBA) spätestens seit Ende September zugelassen, dass seit dem weiter tausende Besitzer von Diesel-Pkw nichtsahnend mangelhafte oder gänzlich wirkungslose Partikelfilter in ihre Fahrzeuge einbauen ließen. Dies geschah, obwohl die dem Verkehrsministerium unterstellte Zulassungsbehörde nach eigenen Angaben erstmals Mitte August durch Veröffentlichungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf mangelhafte Filtersysteme aufmerksam gemacht worden war.

Nach Informationen der DUH lagen dem KBA bereits seit Ende September 2007 erste katastrophale Messergebnisse für untersuchte Nachrüstfilter vor. Dennoch verzichtete die Behörde auf die rechtlich gebotene, korrekte Information der Öffentlichkeit und auf den ausdrücklichen Widerruf der "Allgemeinen Betriebserlaubnis" (ABE) für die durchgefallenen und andere baugleiche Nachrüstsysteme. Das KBA reagierte auch nicht, als die betroffenen Filterhersteller die Öffentlichkeit später mit offensichtlichen Fehlinformationen versorgte. GAT hatte beispielsweise angegeben, die ABEs seiner bei den Tests durchgefallenen Filter "freiwillig" zurückgegeben zu haben, weil ihnen ein "Formfehler" unterlaufen sei. Man habe es versäumt "Modifikationen" der Filtersysteme dem KBA zu melden.

Tatsächlich ergaben nach DUH-Informationen die vom KBA veranlassten, bisher aber unter Verschluss gehaltenen Nachprüfungen beim Prüfinstitut TÜV Nord die Wirkungslosigkeit der GAT-Filter. Die Vorgabe der Straßenverkehrsvollzugsordnung (StVZO), wonach mindestens 30 Prozent des Feinstaubs durch die Filter reduziert werden müssen, würde "erheblich verfehlt", heißt es in den dem KBA vorliegenden Ergebnissen. Konkret: Die Filterwirksamkeit von 24.000 in Diesel-Pkw eingebauten Systemen der Firma GAT (bzw. baugleicher Systeme des Unternehmens Tenneco/Walker) gehen danach in ihrer Wirkung nach Aussagen des KBA "gegen Null". Zudem seien die Antragsunterlagen zur Erlangung der entsprechenden ABE offensichtlich manipuliert worden. Wegen dieses Verdachts hat das KBA die Staatsanwaltschaft Essen wegen GAT sowie eine weitere Staatsanwaltschaft wegen des beteiligten Prüfinstituts eingeschaltet. Bei den "übrigen Systemen", die im Auftrag des KBA untersucht wurden, liegt die Filterwirkung nach den Prüfergebnissen des TÜV Nord bei "rund 10% bis maximal 20%".

Auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG) hat die DUH beim KBA und beim Bundesministerium für Verkehr, Bau, Stadtentwicklung (BMVBS) heute die Herausgabe der kompletten Prüfergebnisse beantragt und Aufklärung darüber erbeten, wann KBA und Ministerium erste Teilergebnisse über das verheerende Abschneiden der Billigfilter vorgelegen haben.

Die Unterdrückung schlechter Testergebnisse habe in diesem Zusammenhang leider Tradition, erklärte die DUH. Bereits seit November 2006 versuchen die Umweltschützer, Einsicht in ein im Auftrag des BMU angefertigtes Gutachten mit dem Titel "Messtechnische Untersuchung offener Partikelminderungssysteme" zu erhalten. Eine im Frühjahr 2007 zunächst durch den Präsidenten des Umweltbundesamtes Andreas Troge erteilte Zustimmung zur beantragten Einsichtnahme, wurde nach einer gegenteiligen Weisung des Bundesumweltministeriums aufgehoben. Daraufhin klagte die DUH bereits im Mai 2007 auf Herausgabe der Unterlagen vor dem Verwaltungsgericht Dessau im Rahmen einer sogenannten "Untätigkeitsklage". Das Verfahren dauert an.

Nach Informationen der DUH enthält dieses Gutachten eines schweizerischen Prüfinstituts ebenfalls kritische Prüfergebnisse bestimmter Nachrüst-Filtersysteme u. a. zu GAT. Sie wurden jedoch unter Verschluss gehalten und auch nicht dem KBA übermittelt. Wohl auch deshalb unterblieben frühzeitige Nachprüfungen, wie sie nun – verspätet – im Sommer 2007 durchgeführt wurden. "Sollte sich herausstellen, dass dem Bundesumweltministerium bereits vor einem Jahr bekannt war, dass bestimmte Nachrüstfilter nicht ordnungsgemäß funktionieren, dann hat Sigmar Gabriel angesichts von mindestens 40.000 betrogenen Fahrzeughaltern ein ernstes Problem", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Nach Recherchen der DUH droht den betroffenen Besitzern von Diesel-Pkw dann großer Ärger, wenn sich Bundesverkehrs-und Bundesumweltministerium auf eine Lösung des Problems verständigen, die auf die ausdrückliche "Rücknahme" der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die bereits eingebauten Betrugsfilter durch das KBA verzichtet. Eine solche, derzeit in beiden Häusern favorisierte "Schwamm-drüber-Lösung" würde nicht nur das Vertrauen in die Aussagekraft der Feinstaubplaketten zerstören (mindestens 40.000 Diesel-Pkw könnten dann trotz mangelnder Filterwirkung mit entsprechender Plakette in künftige Umweltzonen einfahren), sondern wäre auch geeignet die für die Feinstaub-Entlastung dringend erforderliche Filternachrüstung insgesamt in Misskredit zu bringen. Der Verzicht auf eine formale Rücknahme der ABE würde darüber hinaus die zivilrechtlichen Ansprüche betroffener Autohalter auf Wandlung oder Schadensersatz schwächen. Nur bei einem rückwirkenden Wegfall der ABE wäre die Beweisführung des so genannten "Sachmangels" im Streitfall klar. Andernfalls müsste jeder Pkw-Halter in seinem konkreten Einzelfall beweisen, dass der verbaute Filter mangelhaft ist. Damit wäre absehbar, dass die meisten Betroffenen auf den ihnen rechtlich ohne Mehrkosten zustehenden Austausch des Betrugsfilters durch ein wirksames System verzichten würden. Denn trotz mangelnder oder ganz fehlender Filterwirkung sollen die mit dem Einbau verbundenen Begünstigungen - Steuerentlastung und günstige Feinstaubplakette – in diesem Fall Bestand haben.

Für den Fall, dass sich die Bundesregierung dennoch für die nachträgliche Legalisierung der verbauten Betrugssysteme entscheidet, prüft die DUH rechtliche Schritte. Die "Schwamm-drüber-Lösung" wäre nach einer ersten juristischen Prüfung eindeutig rechtswidrig: Basis für diese eindeutige Rechtsauffassung ist das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KfzStG), in dessen § 3c die Steuerbefreiungen geregelt sind. Danach besteht eine zwingende Pflicht zur Neufestsetzung der Steuer, wenn die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nicht mehr vorliegen. Laut § 12 Abs. 2 Nr. 2 KfzStG gilt: "Die Steuer ist neu festzusetzen, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung (...) wegfallen oder wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben oder nicht vorliegen." Die Bestimmung ist bindendes Recht, einen Ermessensspielraum gibt es nicht.

"Wer vorgibt, zum ´Schutz der Umwelt und der Verbraucher´ gewährte Begünstigungen unangetastet lassen zu wollen, handelt nach unserer Rechtsauffassung eindeutig rechtswidrig. Er verfügt nach Gutsherrenart über den Staatshaushalt. Auch wenn die Finanzbehörden abschließend über den Vorgang zu entscheiden hätten, käme eine ministerielle Verfügung dieses Inhalts einer Aufforderung zur Untreue über den Haushalt gleich. Strafrechtler nennen dies "Haushaltsuntreue". Der BGH hat die Strafbarkeit schon vor mehr als 20 Jahren klargestellt", sagte Resch.

Somit sei die Neufestsetzung der Steuer für die Betroffenen in jedem Falle unumgänglich. Nach Rechtsauffassung der DUH wäre es deshalb "zum Schutz der Verbraucher und der Umwelt" zwingend notwendig, dass die Verantwortlichen die Betroffenen über die Vorgänge so offen und deutlich wie möglich informieren. Mit der Ankündigung über die Steuerneufestsetzung müssten die Fahrzeughalter über ihre zivilrechtlichen Ansprüche aufgeklärt und entsprechend unterstützt werden. In den meisten Fällen würden ohne Mehrkosten von der Einbauwerkstatt ordnungsgemäß funktionierende Filter mit fortbestehender Betriebserlaubnis eingebaut - Steuervergünstigung und Feinstaubplakette hätten Bestand. Resch: "Zur Durchsetzung einer umfassenden Umrüstung von Betrugsfiltern auf funktionierende Systeme benötigen die Betroffenen dringend die Unterstützung der Behörden: Dazu muss das Kraftfahrtbundesamt jetzt einen klaren Schnitt machen und die Betriebserlaubnisse aller Betrugsfilter aktiv widerrufen. Danach muss umfassend informiert werden, damit die Nachrüstung für die betroffenen Autohalter und für die unter hohen Feinstaubbelastungen leidenden Menschen doch noch ein Erfolg wird."
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