Vor den rund 2.000 Teilnehmern des Global Media Forum im World Conference Centre Bonn sagte der DW-Intendant: "Unsere Auszeichnung soll das Schicksal Badawis stärker in das Licht der Weltöffentlichkeit rücken. Der öffentliche Druck auf die Verantwortlichen in Saudi-Arabien muss weiter wachsen."
Der 31-jährige Blogger, der politische und gesellschaftliche Missstände in seinem Land aufgegriffen hat, war 2014 wegen angeblicher Beleidigung des Islam unter anderem zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das harte Urteil wurde kürzlich vom Obersten Gericht bestätigt.
Badawis Mut hat Vorbildcharakter
Jochen Wegner, Chefredakteur von ZEIT Online, sagte in seiner Laudatio, diese Preisverleihung sei "ganz sicher eine der bisher traurigsten", da der Preisträger nicht dabei sein könne. Zugleich sei der Preis "vielleicht der wichtigste", den die DW im Rahmen von The Bobs je verliehen habe. "Er ist wichtig für Raif Badawi und seine Familie, die jede nur erdenkliche Unterstützung benötigen." Umgekehrt, so Wegner, habe uns "Badawis absurde Geschichte" die Augen geöffnet "für die absurden Verhältnisse in Saudi-Arabien". Badawis Mut habe Vorbildcharakter für alle Journalisten, sagte der Laudator.
Wegner ging auch auf Kanadas Asylangebot an Badawi ein. Alle europäischen Staaten sollten "mit Kanada um solche Asylangebote wetteifern und nicht nur um die Waffenexporte in unser Partnerland Saudi Arabien", forderte Wegner.
"Vergessen Sie Raif nicht"
In einer Videobotschaft äußerte sich Ensaf Haidar, die in Kanada lebende Ehefrau Badawis: Die Auszeichnung sei "ein deutlicher Beweis dafür, dass Raif Badawi und seine gerechte Sache nicht allein gelassen werden". Haidar, die aus familiären Gründen nicht, wie geplant, nach Bonn kommen konnte, dankte Intendant Limbourg, der "sich von Anfang an für ihn eingesetzt und ihn verteidigt" habe. An die internationale Gemeinschaft, "vor allem an die Politik", richtete sie den Appell: "Vergessen Sie Raif nicht."
Die Gäste der Preisverleihung nahmen den Appell in einer Resolution auf. Per Akklamation forderten sie "die umgehende Freilassung aller inhaftierten Online-Aktivisten weltweit. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Menschenrecht. Bürger, Journalisten und Aktivisten haben ein Recht auf uneingeschränkte Freiheit und Sicherheit", so das Signal von der Bonner Medienkonferenz.
Verliehen wurden darüber hinaus die von der Jury ausgelobten Preise im Rahmen des Wettbewerbs "The Bobs - Best of Online Activism".
In der Kategorie Social Change ging der Preis an die Webseite "Mukto Mona" aus Bangladesch. Die Trophäe nahm Rafida Bonya Ahmed entgegen.
In der Kategorie Privacy & Security ging der Preis an die mexikanische Webseite Ranco Electrónico. Die Trophäe nahm Rubén Omar Valencia Pérez entgegen.
In der Kategorie Arts & Media ging der Preis an das Web-Projekt "Zaytoun, the little refugee". Die Trophäe nahm María Carrión entgegen.
Mitveranstalter und Partner
Partner der DW in den rund 40 Veranstaltungen des Global Media Forum 2015 sind unter anderem Amnesty International, Grimme-Institut, United Nations, OSZE, Reporter ohne Grenzen, Carnegie Endowment for International Peace . Mitveranstalter ist die Stiftung Internationale Begegnung der Sparkasse in Bonn. Unterstützt wird die Konferenz zudem vom Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der Stadt Bonn und der Robert Bosch Stiftung.
Die Preisträger der Bobs Awards 2015
Social Change: Mukto Mona, Bangladesch
In der Kategorie Social Change siegte "Mukto Mona" aus Bangladesch. Mit "MuktoMona" setzt Rafida Bonya Ahmed die Arbeit ihres Mannes Avijit Roy nach dessen brutaler Ermordung fort. Der bekannte Blogger war im Februar 2015 von unbekannten Angreifern in Dhaka niedergestochen worden und seinen schweren Verletzungen erlegen. Das Blog berichtet mit journalistisch-kritischer Haltung über säkulare und wissenschaftliche Themen. Fundamentalisten im Land versuchen, dies zu verhindern. Sie haben eine Todesliste mit den Namen von 84 Bloggern und Journalisten veröffentlicht, von denen bereits acht getötet wurden. "Der Preis für Bonya's Blog lenkt die Aufmerksamkeit auf Blogger, die sehr mutig sind und große Risiken auf sich nehmen", so die Jury. In der Kategorie Social Change wird ein Projekt ausgezeichnet, das die digitalen Möglichkeiten nutzt, um sich für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen.
Privacy & Security: Rancho Electrónico, Mexiko
Die mexikanische Webseite Rancho Electrónico (Elektronische Farm) wurde in der Kategorie Privacy & Security ausgezeichnet. Die Macher der Plattform berichten über Datenschutz, Verschlüsselung und Überwachung in Mexiko. Darüber hinaus organisieren die Blogger Workshops und Offline-Veranstaltungen, um mit den Nutzern in Kontakt zu treten und eine Community aufzubauen. Ziel der Plattform sei es, die digitale Kluft zu überwinden und die Menschen zu erreichen, so die Jury. In der Kategorie Privacy & Security geht es um eine Software-Lösung oder Webseite, die Benutzern hilft, ihre Daten und ihre Privatsphäre zu schützen.
Arts & Media: Zaytoun, Syrien
"Zaytoun, the little refugee" (Zaytoun, der kleine Flüchtling) wurde in der Kategorie Arts and Media gewürdigt. Es handelt sich um ein Projekt, das in Form eines Videospiels auf die Situation der syrischen und palästinensischen Flüchtlinge aufmerksam macht. Der Nutzer schlüpft dabei in die Rolle eines palästinensischen Jungen, der einen neuen Zufluchtsort sucht, nachdem sein Unterschlupf im Flüchtlingslager Jarmuk vom syrischen Regime zerstört wurde.
Die Geschichte von Zaytoun repräsentiert das Leben vieler Flüchtlinge aus den palästinensischen Autonomiegebieten, die ihre Heimat verlassen mussten und nun in syrischen Flüchtlingslagern um ihr Leben bangen. "In Syrien gibt es eine der größten humanitären Katastrophen unseres Jahrhunderts und das gilt doppelt und dreifach für palästinensische Flüchtlinge. Zaytoun macht diese Zusammenhänge sichtbar", begründete die Jury ihre Entscheidung. In der Kategorie Arts & Media wird ein Projekt aus Kunst und Kultur gewürdigt, das in herausragender Weise die Mittel der digitalen Kommunikation nutzt, um gesellschaftlich relevante Themen künstlerisch zu interpretieren.
Parallel zur Jury-Entscheidung wurden im Rahmen der Bobs auch Publikumspreise vergeben. Zur Wahl standen Projekte aus 14 Sprachkategorien, insgesamt wurden rund 30.000 Stimmen abgegeben. In der deutschen Sprachkategorie setzte sich das Blog "Deutschwortschatz" durch. Auf dieser Seite tragen die beiden auf Teneriffa lebenden Autoren unter dem Motto "1000 gute Gründe, die deutsche Sprache zu lieben" die schönsten deutschen Wörter zusammen.
Die Deutsche Welle hatte den Wettbewerb "The Bobs - Best of Online Activism" zum elften Mal ausgeschrieben - auch in diesem Jahr mit dem Ziel, den offenen Diskurs im Sinne der Meinungsfreiheit über digitale Medien voranzutreiben und zu bereichern. Die eingereichten Vorschläge spiegeln die vielfältigen Möglichkeiten der Blogosphäre, sich für Meinungsfreiheit einzusetzen und Missstände transparent zu machen.
Die 14-köpfige internationale Jury hatte in einer Vorauswahl 112 Kandidaten nominiert. Mehr als 4.800 Webseiten und Online-Projekte waren eingereicht worden.
Alles zu The Bobs: www.thebobs.com
Fotos von der Preisverleihung: https://www.flickr.com/...
Alles zum Global Media Forum: www.dw.com/gmf (Deutsch); www.dw-gmf.com (Englisch)
Sonderseite zu Raif Badawi:
http://bit.ly/1wqT7LF
http://blog.mukto-mona.com/
http://ranchoelectronico.org/
http://zaytounthelittlerefugee.wordpress.com/...
http://deutschwortschatz.de/