Wie gehen Sie mit den Drohungen gegen Sie um? Fürchten Sie um Ihr Leben?
"Ich versuche, keine Angst zuzulassen. Ich mache mir nur Sorgen um meine Familie, die wegen des Wirbels um meine Aussagen viel Ärger und Belästigung ausgesetzt ist."
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hat die Mordaufrufe gegen Sie verurteilt, das Auswärtige Amt hat einen Vertreter der ägyptischen Botschaft einbestellt. Sind Sie zufrieden mit den bisherigen offiziellen deutschen Reaktionen?
"Das war eine minimalistisch-diplomatische Reaktion. Die Bundesregierung sollte in Ägypten politisch anders auftreten als bislang. Zurückhaltung ist nicht mehr angebracht. Ich erwarte mehr Druck auf Kairo, damit die ägyptische Regierung sich nicht nur von diesem Mordaufruf distanziert, sondern auch juristische Schritte gegen Assem Abdel-Maged (führendes Mitglied der radikalen ägyptischen Gruppe Al-Gamaa Al-Islamija; Anm. d. Red.) unternimmt, wie gegen alle, die diesen Mordaufruf vorbereitet oder veröffentlicht haben. Ägypten braucht die finanzielle Unterstützung Deutschlands und der Europäischen Union in seiner jetzigen Übergangsphase. Es kann nicht sein, dass das Land in den Genuss von Entwicklungshilfe kommt, ohne die Mindeststandards der Rechtstaatlichkeit zu erfüllen. Es muss ein noch deutlicheres Signal aus Berlin kommen."
Wie sind die Reaktionen in Ägypten? Erfahren Sie nur Drohungen, Ablehnung und Kritik - oder auch Solidarität und Unterstützung?
"Natürlich kommt auch Solidarität von Seiten der ägyptischen und arabischen Schriftsteller und Journalisten - auch von Menschen, die mit mir nicht einer Meinung sind, aber dennoch mein Recht auf Redefreiheit unterstützen. Mehrere unabhängige ägyptische Zeitungen haben über den Fall berichtet. Eine Überraschung war, dass die größte ägyptische Tageszeitung Al-Ahram, die als Regierungszeitung gilt, meine Position unterstützt hat.
Auch aus Deutschland bekomme ich aus muslimischen Kreisen viel Unterstützung. Der Liberal-Islamische Bund hat sich von den Mordaufrufen deutlich distanziert. Aus den konservativen Verbänden habe ich bislang jedoch keine Reaktion wahrgenommen."