"Es kam ihnen nicht in den Sinn, einen Zusammenhang mit anderen Morden zu vermuten, obwohl ich ihnen bei ersten Verhören gesagt hatte, dass es für mich so aussieht - keine Reaktion. Die stocherten stur weiter in unserem Privatleben herum."
Aus dem Mord an seinem Bruder sei Rufmord an seiner ganzen Familie entstanden. Die Familie sei von Verwandten, Freunden und Bekannten ausgegrenzt worden. Niemand habe den Kontakt aufrecht erhalten wollen. Selbst innerhalb der Familie habe Misstrauen geherrscht, Verzweifelung, Fassungslosigkeit, so Gavriil Boulgarides. "Unser gesellschaftliches Umfeld brach weg. Wenn niemand mehr etwas mit dir zu tun haben will, ist es eben verdammt schwierig. Deswegen sind wir 2009 zurück nach Griechenland gegangen, nachdem wir 37 Jahre lang hier gelebt haben."
In dem NSU-Prozess, der am 6. Mai in München beginnt, will Gavriil auch wissen, welche Rolle V-Männer gespielt haben. Und: Warum ausgerechnet sein Bruder ermordet wurde. Die These, wonach dieser mit einem Türken verwechselt worden sei, reiche ihm nicht.
"In welchem Maße die Wahrheit enthüllt werden wird, ist schwer abzusehen. Aus welchem Grund sie das taten, wie die Wahl der Opfer zustande kam, warum mein Bruder... In diesem Prozess treten wir als Nebenkläger auf. Der Staat wäre in der Lage gewesen, ein paar Hinweise im Voraus auszuwerten, sodass mein Bruder nie getötet worden wäre. Ich glaube, dass die Behörden zwischen 2001 und 2003 reichlich Hinweise hatten. Mein Bruder wurde im Juni 2005 ermordet. Das sind die Dinge, die uns beschäftigen."