Zu den wichtigsten Maximen des Strafprozesses gehören die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und der Anspruch des Angeklagten auf Freispruch, wenn die Schuld nicht zweifelsfrei bewiesen ist. Beides darf nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten gestellt und zum Gegenstand von abweichenden Vereinbarungen gemacht werden. Das wollte der Gesetzgeber in der wenig gelungenen Vorschrift des § 257c StPO klarstellen, indem er die Verknüpfung zwischen der Geständnisbereitschaft des Angeklagten und einer Strafmaßzusage des Gerichts unter bestimmten Bedingungen erlaubte. In der Praxis wurde diese Vorschrift aber vielfach so aufgefasst, als erlaube sie im Gegenteil den Verzicht auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Regeln einschließlich der Bedingungen für die "Verständigung".
Der DAV hatte sich in der Verhandlung beim BVerfG dafür ausgesprochen, die Verfassungsbeschwerden für begründet zu erklären, weil in allen drei Fällen die Urteilsabsprachen befürchten ließen, dass sie als Ergebnis einer Drucksituation "ausgedealte" Fehlurteile hervorbrachten. Es ist gut, dass das BVerfG festgestellt hat: Urteile, denen Verstöße gegen die Förmlichkeiten des § 257c StPO vorausgegangen sind, müssen regelmäßig aufgehoben werden. Zugleich hat es den Gesetzgeber aufgefordert, die Entwicklung der Praxis zu beobachten. Sollte sie weiterhin die Vorgaben des Gesetzes umgehen, ohne dass er dem gegensteuert, träte ein verfassungswidriger Zustand ein. Die Entscheidung wird daher eine große Bedeutung für die künftige Strafverfahrenspraxis haben.