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Strafverfahren gegen 46 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Türkei - Prozessbeobachtung durch DAV und RAV

(lifePR) (Berlin, )
Am morgigen Dienstag, dem 6. November 2012 wird in Silivri bei Istanbul die Hauptverhandlung gegen 46 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fortgesetzt. Anklagevorwurf ist die angebliche Mitgliedschaft in der Union der Gemeinschaft Kurdistans (KCK). Dieser Vorwurf knüpft nahezu ausschließlich an deren anwaltliche Tätigkeiten an. Zudem werden grundlegende Verfahrensrechte missachtet. Die Verfahren werden daher international kritisiert. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) entsenden Prozessbeobachterinnen.

"Es ist höchst besorgniserregend, wenn die Verteidigungstätigkeit von Kolleginnen und Kollegen gleichgesetzt wird mit einer inhaltlichen Unterstützung der politischen Ziele der Mandantinnen und Mandanten. Ein faires Verfahren und die freie Ausübung der Verteidigungstätigkeit sind damit nicht mehr möglich", sagt Rechtsanwältin Gül Pinar, Mitglied des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins.

Konkrete Vorwürfe wurden den Anwältinnen und Anwälten nicht mitgeteilt und ihren Verteidigern trotz anhaltender Untersuchungshaft bis zur Anklageerhebung im April 2012 keine Akteneinsicht gewährt. "Viele der Festgenommenen sind aufgrund rechtsstaatlich höchst fragwürdiger Beschlüsse in Untersuchungshaft überführt", so Pinar weiter. Den Anwälten drohen Haftstrafen von 15 bis 22 Jahren.

Die Hauptverhandlung begann am 16. Juli 2012, ohne dass die rund 900 Seiten lange Anklageschrift auch nur auszugsweise verlesen worden wäre. Nach nur drei Verhandlungstagen wurde die Hauptverhandlung am 18. Juli bis zum 6. November 2012 unterbrochen. Die Türkische Strafprozessordnung sieht allerdings auch vor, dass eine Hauptverhandlung in Strafsachen nicht länger als 30 Tage unterbrochen werden darf.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident, erinnerte im August 2012 in seinem Schreiben an den Justizminister der Türkei, Herrn Sadullah Ergin, an die Bedeutung der anwaltlichen Unabhängigkeit als elementaren Grundpfeiler eines jeden Rechtsstaats.

Gemäß Artikel 16 der Grundprinzipien betreffend die Rolle der Rechtsanwälte der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1990 hat der Staat sicherzustellen, dass Anwältinnen und Anwälte in der Lage sind, alle ihre beruflichen Aufgaben ohne Einschüchterung, Behinderung, Schikanen oder unstatthafte Beeinflussung wahrzunehmen. Sie dürfen wegen Handlungen, die mit anerkannten beruflichen Pflichten, Verhaltensregeln und Ehrenpflichten im Einklang stehen, Verfolgung oder verwaltungsmäßige, wirtschaftliche oder andere Sanktionen weder erleiden noch damit bedroht werden.
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