Im Jahre 2005 hatte ein als öffentlich-rechtliche Körperschaft betriebenes Klinikum den gesamten Servicebereich auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft ausgegliedert. Diese unterhält an zwei Standorten in Schleswig-Holstein Betriebe. Seit Anfang 2010 ist ein privater Investor zu 49 Prozent an der Tochtergesellschaft beteiligt. Die Arbeitsverträge aller von dieser Ausgliederung schon 2005 betroffenen Arbeitnehmer blieben unverändert und richten sich weiterhin nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. Alle Mitarbeiter widersprachen einem Vertragswechsel zum privaten Arbeitgeber und sind seit 2005 unverändert an ihren alten Arbeitsplätzen im Betrieb des Tochterunternehmens tätig. Die Tochtergesellschaft erstattet dem Klinikum für die gestellten Arbeitnehmer die Vergütung, erteilt die fachlichen Weisungen, darf aber zum Beispiel keine Kündigungen aussprechen.
Bei der Betriebsratswahl 2010 in dem Tochterunternehmen durften die 221 bzw. 284 überlassenen Arbeitnehmer wählen. Zwei Vorschlagslisten zweier Gewerkschaften hatte der Wahlvorstand allerdings nicht zugelassen, weil auf ihnen mehrere vom Klinikum gestellte Beschäftigte standen. Diese konnten nicht gewählt werden. An einem Standort wurde deshalb auch anstelle eines dreizehnköpfigen Betriebsrats nur ein Gremium aus 11 Betriebsratsmitgliedern gewählt.
Die beiden Gewerkschaften waren mit ihren Wahlanfechtungsverfahren durch zwei Instanzen erfolgreich. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die langfristig einer privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaft gestellt seien, seien in ihrem Einsatzbetrieb bei Betriebsratswahlen wahlberechtigt. Sie seien außerdem auch wählbar und bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen, so die Richter. Das folge aus der seit August 2009 geltenden gesetzlichen Neuregelung des Betriebsverfassungsrechts.
Eine Entscheidung vom 27. April 2010 in einem dritten Wahlanfechtungsverfahren (3 TaBV 36/10) betraf einen ähnlich gelagerten Sachverhalt. Dort hatte der Wahlvorstand vier Arbeitnehmer mitgezählt, die ein Landkreis nach Ausgliederung einer privatisierten Tochtergesellschaft dieser überlassen hatte. Mit diesen Arbeitnehmern hatte der Wahlvorstand einen fünfköpfigen Betriebsrat wählen lassen. Die Arbeitgeberin meinte, es hätte nur ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt werden dürfen.
In allen drei Verfahren ist die Rechtsbeschwerde aufgrund der neuen Gesetzeslage wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden. Aktenzeichen des Bundesarbeitsgerichts sind noch nicht bekannt.
Informationen: www.ag-arbeitsrecht.de