Die 1951 geborene Klägerin erhält vom Land Baden-Württemberg, ihrem früheren Arbeitgeber, grundsätzlich Beihilfe in Höhe von 70 Prozent ihrer medizinischen Aufwendungen. Bezüglich der restlichen 30 Prozent ist sie seit dem ersten Januar 2009 verpflichtet, eine ergänzende Krankenversicherung abzuschließen. Dies ergibt sich aus der seitdem geltenden allgemeinen Krankenversicherungspflicht für alle Bürger. Die Frau war dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen. Daraufhin lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Bewilligung von Beihilfe für verordnete Medikamente ab.
Dagegen klagte die Betroffene mit der Begründung, ihr sei der Abschluss einer Krankenversicherung nicht zuzumuten. Mit ihren Versorgungsansprüchen in Höhe von rund 1.150 Euro ernähre sie ihren Ehemann und ihre Tochter. Daher könne sie einen Beitrag von monatlich rund 450 Euro für eine private Krankenversicherung für die Familie nicht aufbringen. Das Landesamt vertrat dagegen die Ansicht, der Dienstherr müsse darauf hinwirken, dass Bedienstete und Versorgungsempfänger sich und ihre Familie nicht finanziellen Risiken in Krankheitsfällen aussetzten. Die Beihilfevorschriften dürften kein gesetzwidriges Verhalten von Beihilfeberechtigten tolerieren oder unterstützen.
Nachdem bereits das Verwaltungsgericht Stuttgart der Auffassung des Landesamtes nicht gefolgt war, gab jetzt auch der VGH der Klägerin Recht. Die Gesetzgebungskompetenz für die Normierung einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht liege beim Bund, nicht beim Land. Der Bund habe davon Gebrauch gemacht und auch Regelungen für den Fall vorgesehen, in dem der Bürger seiner Pflicht nicht nachkomme. Daher bleibe kein Raum für abweichende oder ergänzende landesrechtliche Vorschriften, um die Erfüllung der Versicherungspflicht zu erzwingen. Im Übrigen sei der Beihilfeausschluss verfassungsrechtlich bedenklich. Er würde die Beamten im Vergleich zu den anderen Bürgern zusätzlich belasten. Es bedeute auch keine Unterstützung gesetzwidrigen Verhaltens, wenn die normale Beihilfe trotz Nichterfüllung der ergänzenden Versicherungspflicht weiter gewährt werde.
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