Nicht erst auf Grund der aktuellen Datenschutzskandale besteht Einigkeit darüber, dass Fragen des Beschäftigtendatenschutzes im Zusammenhang mit der Aufnahme und Durchführung von Beschäftigungsverhältnissen bisher gesetzlich nur unzureichend geregelt sind. Bei der bislang einzigen spezifischen Vorschrift des heutigen § 32 BDSG handelt es sich um einen "Schnellschuss" der früheren Großen Koalition, der das Thema auch nicht ansatzweise befriedigend gelöst hat.
"Im Spagat zwischen Persönlichkeitsschutz und Compliance müssen ausgewogene und vor allem praxisgerechte Lösungen gefunden werden. Diesem Ziel wird der Regierungsentwurf nicht in Gänze gerecht", sagt Rechtsanwalt Prof. Dr. Heinz Josef Willemsen, Vorsitzender des DAV-Arbeitsrechtsausschusses. Besonders praxisfern sei die Regelung des § 32 BDSG, die die gesamte nicht-automatisierte innerbetriebliche Kommunikation dem datenschutzrechtlichen Erlaubnisvorbehalt unterstellt. Auch der aktuelle Entwurf behalte diese Systematik bei. Dadurch entstehen neue Probleme beispielsweise bei der Zulässigkeit von Eignungsfeststellungsmaßnahmen, die bislang keine datenschutzrechtliche Relevanz besaßen.
"Das Vorstellungsgespräch wird so zu einem Minenfeld zwischen Schadenseratzansprüchen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und Bußgeldandrohungen", sagt Willemsen. Selbst die Frage, ob jemand schwerbehindert sei, wäre unzulässig - obwohl Unternehmen sogar eine entsprechende Quote erfüllen müssten.
Wenn - was nach dem Verständnis des DAV gewollt ist - positive Kenntnisnahme im Einzelfall notwendig ist, handelt es sich um eine überzogene Forderung, die über das eigentliche Ziel, die Beschäftigten vor Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht zu schützen, weit hinaus schießt. Hinzu kommt, dass die Vorgabe in der Praxis in vielen Fällen nicht umsetzbar ist. Der DAV regt deshalb dringend an, den Geltungsbereich des Arbeitnehmerdatenschutzes auf die wirklich relevanten Formen der personenbezogenen Datenerhebung zu begrenzen.
Nachbesserungsbedarf sieht der DAV nach wie vor auch bei den Compliance-Regelungen: Den Arbeitgebern müssen rechtssichere Regelungen für den Kampf gegen Korruption an die Hand gegebenen werden. Korruptionsbekämpfung darf nicht unnötig erschwert werden. Auf die Regelung in § 32e Abs. 1 E-BDSG sollte daher verzichtet werden. Die (vorherige) Kenntnis des Beschäftigten als weitergehende allgemeine Einschränkung ist nicht erforderlich. Mit dem Erfordernis der Zwecksetzung und der Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung im weiteren Sinne sei ein ausreichendes Korrektiv gegen unangemessene Datenerhebung vorhanden.
"Dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung sollte nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen möglich sein, sich über die ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch den Beschäftigten jederzeit ein eigenes Bild zu machen", sagt Willemsen. Die Unterbindung oder Einschränkung eines solchen Gläubigerrechts habe nichts (mehr) mit Arbeitnehmerdatenschutz zu tun, sondern gehöre - wenn überhaupt - in den Kontext des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
Zur aktuellen Stellungnahme des DAV Nr. 62/2010 sowie zu den Stellungnahmen zum Referentenentwurf Nr. 28/2010 und Nr. 29/2010.