"Häufig werden unverständliche Computerberechnungen von Adressaten nicht verstanden und dann auch nicht befolgt", erläutert Rechtsanwalt Klaus Weil von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Familienrecht die Problematik. Die angestrebte Genauigkeit der Berechnungen habe zur Folge, dass individuelle Betrachtungen und Besonderheiten des Falls überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden. So führe die Anwendung der Berechnungsprogramme im Versorgungsausgleich teilweise zu Ergebnissen, die keiner der beteiligten Eheleute wünsche. "Besonderheiten der Fallkonstellation bleiben bei der Betrachtung außen vor", so Weil weiter.
Das zeige sich besonders deutlich bei der Anwendung der "Bagatellregelung" im Versorgungsausgleich oder der Aufteilung der Versorgungsanrechte zweier Landes- oder Kommunalbeamter.
Wegen steigender Verfahrenszahlen und des damit verbundenen Zeitdrucks unterbleibt häufig die notwendige Ermessensprüfung durch den Richter, warnen die DAV-Familienanwältinnen und -anwälte. Der Computer hat das Ergebnis bereits vorgegeben. Dieses wird dann Inhalt des Beschlusses.
Auch der Deutsche Richterbund fordert in diesem Zusammenhang, die Richter nicht auf die Rolle von "Subsumtionsautomaten" zu reduzieren. "Eine Einzelfallbetrachtung, wie sie auch der Bundesgerichtshof im Rahmen der Unterhaltsrechtsprechung fordert, kann so nicht vorgenommen werden", betont Weil. Das Anklicken von Textbausteinen und Berechnungsmodulen führe zu einer Scheingenauigkeit und damit verbundenen Scheingerechtigkeit bei den Beteiligten.
"Familienrecht ist keine Mathematik" lautete ein Vortrag im Rahmen der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht bereits im Jahr 2010. "Dabei sollte es auch bleiben", meint Rechtsanwalt Klaus Weil.