"Der DAV Türkei spiegelt nicht nur die Bedeutung des Wirtschaftsstandortes und der Region wider. Er fördert auch den Ausbau der deutsch-türkischen Rechts- und Wirtschaftsbeziehungen", so Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident, in Tarabya. So habe die Türkei zahlreichen deutschen Rechtswissenschaftlern auf der Flucht vor der Nazidiktatur das Exil gewährt und ihnen die Möglichkeit gegeben, an türkischen Universitäten zu forschen und zu lehren. Liberale, fortschrittliche Hochschulgesetze hätten dies möglich gemacht. "Eine ganze Generation türkischer Studenten ist infolgedessen auch von deutschen Juraprofessoren ausgebildet worden. Vielleicht ein Glücksfall für beide Seiten", betont Ewer weiter.
Auch der Bundesaußenminister, Rechtsanwalt Dr. Guido Westerwelle, begleitet das Wirken des DAV schon lange und sieht wie der DAV große Chancen in der Internationalisierung der Anwaltschaft: "Das bilaterale Verhältnis Deutschlands und der Türkei geht weit über gute Regierungskontakte hinaus. Nicht zuletzt von den konkreten Beiträgen auch des Deutschen Anwaltvereins Türkei für die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende anwaltliche Tätigkeit profitieren unsere hervorragenden bilateralen Beziehungen."
Die vielen verschiedenen Berührungspunkte zwischen dem türkischen und dem deutschen Recht dokumentieren, dass all diese Rechtssysteme Verwandte sind, die alle der Familie des kontinentaleuropäischen Rechts angehören. Daraus ergibt sich die Folge, dass die türkischen und die deutschen Juristen, vor allem aber die türkischen und die deutschen Anwältinnen und Anwälte im internationalen Wettbewerb der Rechtssysteme auf einer Seite stehen.
"Die fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft, die Zunahme internationaler Schiedsgerichtsinstitutionen sowie der grenzüberschreitende Informationsaustausch erhöhen den Bedarf des beruflichen Austausches zwischen lokalen und internationalen Anwältinnen und Anwälten. Die Türkei ist mit ihrer herausragenden geographischen Lage nicht nur eine Brücke zwischen Asien und Europa, sondern hat sich vor allem zu einem Zentrum des internationalen Handels etabliert. Als gemeinsame Vertreter des kontinentaleuropäischen Rechts fördern wir, die Anwälte in der Türkei und in Deutschland, die Globalisierung der Anwaltschaft sowie die Freiheit der juristischen Dienstleistungen. Der DAV Türkei hat sich dabei zur Aufgabe gemacht, einerseits den Berufsstand des Anwaltes mit den heute gegebenen Bedingungen einer globalisierten Welt in Einklang zu bringen sowie andererseits, sich für die Beseitigung von Hindernissen, wie z. B. bürokratische Hürden, einzusetzen.", hob die Vorsitzende des DAV Türkei, Frau Rechtsanwältin Handan Ilhan, zur Motivation der Gründung eines Deutschen Anwaltvereins in der Türkei hervor.
Vor einigen Jahren sollte in der Türkei eine deutsch-türkische Juristenfakultät gegründet werden. Der damalige Bundespräsident Dr. Horst Köhler hatte hierfür den Grundstein gelegt.
Die Initiative ist ins Stocken geraten. Der DAV appelliert, diese Vision einer deutsch-türkischen Juristenfakultät umzusetzen. "Vielleicht geht von dieser Gründungsveranstaltung der Impuls aus, das Projekt konstruktiv voranzutreiben.", so Ewer weiter.
Beispiel für die Flucht deutscher Rechtswissenschaftler:
Der Berliner Rechtswissenschaftler Ernst Eduard Hirsch ist im März 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft aus der Richterschaft entlassen worden. Im Oktober 1933 folgte er einem Ruf der Universität Istanbul auf den Lehrstuhl für Handelsrecht. Zehn Jahre später erwarb er die türkische Staatsangehörigkeit. Im gleichen Jahr wechselte er an die Universität Ankara. Dort lehrte er neben dem Handelsrecht auch die Fächer Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie. In dieser Zeit verfasste Hirsch den Entwurf des türkischen Handelsgesetzbuches und begründete ein türkisches Urheberrecht. Erst Ernst Reuter, dem ersten Westberliner Oberbürgermeister, der selbst als Immigrant in der Türkei lebte (1935 bis 1945), gelang es, 1952 Hirsch zurück nach Berlin zu holen. Dort lehrte er ab 1952 an der Freien Universität. Er bekam in den folgenden Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft zurück, behielt aber auch die türkische Staatsbürgerschaft bis zu seinem Tod.