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Ledige oder leidige Väter?

Die Reform des Sorgerechts ist nur ein halber Schritt

(lifePR) (Berlin, )
Die Reform des Sorgerechts nicht verheirateter Eltern, die das Bundeskabinett heute verabschiedet hat, ist nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ein erster Schritt in die richtige Richtung - aber das vorgesehene Verfahren bleibt hinter den Erwartungen zurück.

"Das Ziel einer Gleichbehandlung 'nicht ehelicher' und 'ehelicher' Kinder - betrachtet allein aus der Sicht des Kindes und des Kindeswohls - und der Vereinfachung des Verfahrens lässt sich besser erreichen, als mit dieser Reform", erläutert Rechtsanwalt Wolfgang Schwackenberg, Vorsitzender des DAV-Gesetzgebungsausschusses Familienrecht. Die Reform sei halbherzig. Das propagierte Ziel sei nur erreichbar, wenn Fragen der elterlichen Sorge und damit elterlicher Verantwortung aus der Sicht des Kindes und nicht der Eltern beurteilt werden. Für das Kindeswohl aber wären beide Elternteile verantwortlich, egal ob sie verheiratet sind oder nicht. Welchen Unterschied mache es für das Kind, ob im Zeitpunkt seiner Geburt die Eltern - eventuell noch - miteinander verheiratet sind oder nicht? Natürlich hinge die Ausübung der Verantwortung auch von der Konstellation des Zusammenlebens der Eltern ab. Diese aber könne - ob verheiratet oder nicht - sehr unterschiedlich sein. Dies mag bei einer Sorgerechtsentscheidung mit zu berücksichtigen sein; die rechtliche Form des Zusammenlebens ist hierbei jedoch nicht entscheidend.

Die Tatsache, dass der Grundsatz der Verantwortung beider Elternteile von allen befürwortet wird, zwinge dazu, als Regelfall die Übernahme der Verantwortung beider Elternteile ab rechtlicher Feststellung der Vaterschaft anzunehmen und damit automatisch ab diesem Zeitpunkt beiden Elternteilen - und eben nicht nur den verheirateten - das gemeinsame Sorgerecht zuzusprechen. Klappt dies im Einzelfall nicht, weicht die Prognose von der Realität ab, so kann sowohl die Mutter als auch der Vater die Aufhebung der gemeinsamen Sorge beantragen. Dies wird beispielsweise dann begründet sein können, wenn eine Kommunikation zwischen den Elternteilen nicht gelingt, etwa weil - entgegen der Erwartung - ein Elternteil kein "Interesse" an der Ausübung der Verantwortung für das Kind hat. Es kann jedoch nicht als "Regelfall" davon ausgegangen werden, dass ein solches Interesse bei einem Elternteil fehlt.

Anlass für die Reform ist die Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts zum bisherigen System. Dies sah vor, dass ein nicht ehelicher Vater bisher nur dann das gemeinsame Sorgerecht für das Kind erhalten konnte, wenn die Mutter mit ihm erklärte, die Sorge gemeinsam übernehmen zu wollen (sog. Sorgeerklärung) - oder wenn beide heirateten. War die Mutter nicht zu einer Sorgeerklärung bereit, hatte der Vater gegen ihren Willen keine Möglichkeit, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Mutter blieb allein sorgeberechtigt.

Dies ändert sich nun durch die beschlossene Reform. Sie verbleibt dabei, dass bei nicht miteinander verheirateten Eltern zunächst die Mutter die alleinige Sorge für das Kind hat, der nicht eheliche Vater jedoch eine Änderung auch gegen den Willen der Mutter "erzwingen" kann, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Hierfür aber bedarf es eines Antrags des Vaters. Er erhält die Mitsorge für das Kind nicht "automatisch". Über diesen Antrag entscheidet das Gericht. Vorgesehen ist hierfür "zunächst" ein "vereinfachtes Verfahren". Die Mutter erhält darin Gelegenheit, innerhalb von sechs Wochen Stellung zu nehmen. Tut sie dies nicht oder trägt sie keine Gründe vor, die etwas mit dem Kindeswohl zu tun haben, entscheidet das Gericht ohne persönliche Anhörung der Eltern und ohne Beteiligung des Jugendamtes (!) in einem schriftlichen Verfahren. Nur wenn die Mutter Gründe vorträgt, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen, geht das "vereinfachte Verfahren" zum Hauptverfahren über. Letztlich ist die gemeinsame Sorge nur dann zu versagen, wenn sie dem Kindeswohl widerspricht.

"Das vorgesehene 'vereinfachte Verfahren' ist ein nicht akzeptabler Versuch einer 'Kompromisslösung'. Gerichte werden zur reinen 'Verwaltungsbehörde'; die Sachkompetenz der Jugendämter bleibt hingegen ungenutzt", so Schwackenberg weiter. Dies diene weder dem Kindeswohl noch einer Verfahrensvereinfachung, erst recht nicht einer Streitvermeidung.

Die Gefahr einer Entscheidung ohne ausreichende Anhörung beider Elternteile ist schon deshalb groß, weil die der Mutter eingeräumte Stellungnahmefrist durchaus kurz bemessen ist und mit allen Problemen verbunden ist, die "Fristen" allgemein auslösen. Die Reform des Kindschaftsrechts hat vielmehr - zu Recht - die Erkenntnis berücksichtigt und gesetzlich verankert, dass die mündliche Erörterung ein deutlich besserer Weg ist. Hiervon weicht der Entwurf - ohne Not - ab. Da darüber hinaus sehr unklar geregelt ist, wann die Mutter ausreichende Gründe gegen die Übertragung des Mitsorgerechts vorgetragen hat, bleibt zu befürchten, dass genau das Gegenteil dessen erreicht wird, was erreicht werden sollte: Die Überprüfung beim Oberlandesgericht als Beschwerdegericht wird häufig notwendig sein. Der hiermit verbundene Kosten- und "Betroffenheitsfaktor" - der sich im Übrigen wieder negativ auf das Kind auswirken kann - verdeutlicht, dass guter Wille des Gesetzgebers dann nicht reicht, wenn er sich in einem schlechten "Kompromiss" ausdrückt.

Der DAV hatte im Frühjahr 2012 in seiner Initiativ-Stellungnahme Nr. 30/2012 und in seiner Stellungnahme Nr. 45/2012 zum Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums die automatische gemeinsame Sorge ohne Verfahren ab Feststellung oder Anerkennung der Vaterschaft gefordert. Denn im Grundsatz entspricht die gemeinsame Verantwortung der Eltern für ihr Kind dem Kindeswohl am besten.

Dem DAV ist wichtig, die Gleichstellung aller Kinder, also Kinder miteinander verheirateter und unverheirateter Eltern, zu verwirklichen. Der Anteil der nicht ehelichen Kinder ist von 15 % im Jahre 1995 auf 33 % im Jahre 2010 gestiegen.
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