Analog zum Spitzensport beginnt auch der Berufsweg im künstlerischen Tanz in den meisten Fällen bereits in früherster Kindheit. Dr. Jaš Otrin, Geschäftsführer des DBfT und selbst ehemaliger Balletttänzer, erklärt warum: „Es ist mittlerweile wissenschaftlich bewiesen, dass ein möglichst früher Ausbildungsbeginn unerlässlich ist, um diesen speziellen Berufsweg erfolgreich zu beschreiten. Die berufsorientierten, s. g. Prüfungsklassen, fangen mit Schülerinnen und Schülern ab vier Jahren an. Der junge Körper angehender Tänzerinnen und Tänzer wächst mit und an den körperlichen Übungen, sowohl im Hinblick auf die physische Kraft und Koordination als auch im Hinblick auf seine Resilienz.“ Die akademische Ausbildung zum Tanzberuf erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens acht Jahren.
Die Tanzausbildung beginnt nicht nach der allgemeinen Schulpflicht
Die Schulen für künstlerischen Tanz sind vom aktuellen Teil-Lockdown massiv betroffen und damit auch die Schülerinnen und Schüler. Bundesweit kommen viele Ordnungsbehörden und Gesundheitsministerien zu der Feststellung, dass Schulen für künstlerischen Tanz zu schließen seien. Diese Entscheidung begründen sie mit der Auslegung, dass der berufsbildende Unterricht an den Schulen für künstlerischen Tanz erst nach Abschluss einer allgemeinbildenden Schule, sprich frühestens für Jugendliche ab 16 Jahren beginnen würde. Youssoufa Moukoko ist in diesem Alter bereits ausgebildeter Profifußballer und es bleibt festzuhalten, dass auch die Ausbildung im künstlerischen Tanz nicht erst nach dem schulpflichtigen Alter beginnen darf.
Fängt die Tanzkarriere nicht frühzeitig an, ist der Zug schnell abgefahren
„Vor allem im Blick auf die notwendige, früh startende und methodisch kontinuierliche Arbeit, sind die Nachteile durch die Schließungen der Schulen für die Kinder und Jugendlichen erheblich. Sie werden aktuell vielfach daran gehindert, anstehende Prüfungen ausreichend vorzubereiten oder gar zu absolvieren, wodurch sich im schlimmsten Fall die Ausbildung und der gesamte berufliche Werdegang verzögern,“ unterstreicht Dr. Jaš Otrin.
Daher fordert der DBfT die grundsätzliche Einordnung von Schulen für künstlerischen Tanz in den außerschulischen Bildungsbereich und die gegenwärtige Zulässigkeit des Unterrichts. Eine abweichende Auslegung stellt aus Sicht des DBfT einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG dar, sowie mit Blick auf die regelmäßige Zulässigkeit von Musik-, Kunst- und Jugendkunstschulen, einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 GG.
*kicker Ausgabe 94/2020, S. 6–10