Ein ganz besonderer Höhepunkt in Washington war dabei der „Pledge of Allegiance“ (Fahneneid). Andrea Hall aus Georgia ist eine Schwarze Feuerwehrchefin - und Coda (Child of Deaf Adults, Kind gehörloser Eltern). Sie begleitete diesen Schwur bei der Amtseinführung mit Gebärden der Amerikanischen Gebärdensprache. Es handelte sich zwar nicht um einen vollen Gebärdenspracheinsatz, da sie der Grammatik der Lautsprache folgte, wie es auch in Deutschland bei Lautsprachbegleitenden Gebärden (LBG) üblich ist, aber es war dennoch ein absolutes Novum. Das bestätigte eine Sprecherin des Amtseinführungskomitees gegenüber amerikanischen Pressevertreter/-innen: Noch nie zuvor war auf der Hauptbühne bei einer Rede gebärdet worden.
Der Satz, den sie mit ASL-Gebärden begleitete, lautete: „Ich schwöre Treue auf die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika und die Republik, für die sie steht, eine Nation unter Gott, unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für jeden.“ Damit setzte die Biden-Regierung gleich von Anfang an ihren hochgesteckten Barrierefreiheits-Zielen fast beiläufig ein Sahnehäubchen auf.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund freut sich sehr darüber, dass die Vereinigten Staaten seit gestern wieder eine Vorreiterrolle in Sachen Zugänglichkeit für Gehörlose und Schwerhörige einnehmen, nachdem die Trump-Regierung den Einsatz von Dolmetscherinnen für Gebärdensprache bei Pressekonferenzen des Weißen Hauses verweigerte, wogegen die National Association of the Deaf (NAD, Amerikanischer Gehörlosenverband) erfolgreich klagte. In Deutschland und in Europa gab es in Folge der Corona-Pandemie große Durchbrüche bei der Verdolmetschung von Regierungs-Pressekonferenzen, für die wir uns im vergangenen Jahr eingesetzt haben.
Dennoch wird hierzulande immer noch der Gebärdensprache ein Platz auf der Hauptbühne verweigert – wir wollen uns also hier wieder den USA als großem Vorbild zuwenden, nach dem wir streben, gratulieren der Biden-Regierung zu diesem fabelhaften Einstand und freuen uns auf die kommenden vier Jahre!