„Bei fast 1.000 fehlenden Hausärztinnen und Hausärzten in Baden-Württemberg stehen die Praxen unter enormem Druck. Immer weniger Ärztinnen und Ärzte müssen eine älter werdende Gesellschaft versorgen und gleichzeitig immer mehr Bereitschaftsdienste übernehmen. Die nun durch die KVBW angestoßenen Reformen sind sehr zu begrüßen, da sie zum einen die Akutversorgung der Patientinnen und Patienten außerhalb der Sprechzeiten auf sichere Füße stellt und uns niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte dabei entlastet“, erklärt die Co-Vorsitzende des HÄVBW Dr. Susanne Bublitz.
Dass hierfür die bestehenden Strukturen auf den Prüfstand gestellt wurden und Standorte zusammengefasst werden sollen, sei richtig und notwendig. Die Co-Vorsitzende Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth ergänzt: „Die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes muss sich am Bedarf orientieren und die begrenzten Ressourcen berücksichtigen. Durch ein optimiertes Netz an Notfallpraxen kann die Versorgungsqualität auch mit weniger Standorten erhalten werden. Zentral hierbei ist eine Koordination der Patientinnen und Patienten über die 116 117 und die Ausweitung telemedizinischer Angebote in Kombination mit einem zielgerichteten aufsuchenden Fahrdienst. Eine effiziente Struktur der Bereitschaftsangebote gewährleistet, dass Patientinnen und Pateinten im Akutfall weiterhin flächendeckend eine Versorgung erhalten.“
Proteste gegen Schließungen von Praxen könne man zwar verstehen, sie setzen aber am falschen Ende an. Dr. Bublitz erklärt: „Dass in manchen Gebieten die Notfallpraxen als Ersatz für eine fehlende hausärztliche Versorgung vor Ort gesehen werden, ist ein Symptom des eigentlichen Problems: Es wurde über Jahre versäumt, die hausärztliche Versorgung zu sichern. Wir befinden uns in einer Versorgungskrise, immer mehr Hausarztpraxen schließen ohne Nachfolge. Der Zugang zu wohnortnaher Gesundheitsversorgung, den die Hausarztpraxen gewährleisten, ist landesweit bedroht und das wirkt sich natürlich auch auf den Bereitschaftsdienst aus, an dem die Hausärztinnen und Hausärzte als größte Facharztgruppe einen wesentlichen Anteil haben. Die Situation wird sich weiter verschärfen, in den nächsten Jahren werden fast 40% aller Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gehen. Die Politik ist gefordert, jetzt die notwendigen Maßnahmen zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung zu ergreifen. Das ist, wofür jetzt eigentlich protestiert werden sollte.“