Die Sprecherin für Waldpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Cornelia Behm, kritisiert nun diese Verzögerung in einer Pressemeldung. Sie verweist dabei auf vorliegende "Expertenschätzungen" und sieht in der "Hörigkeit zur Jägerschaft" den bremsenden Faktor. Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) lehnt diese Kritik ab. "Wir haben bislang jedes wissenschaftliche Projekt des Bundes zu diesem Thema begrüßt und unterstützt", sagt DJV-Vizepräsident Dr. Wolfgang Bethe. "Und wir geben uns mit Teilergebnissen nicht zufrieden, besonders dann nicht, wenn offenbar aus politischem Zeitdruck heraus gehandelt werden soll. Wir wollen wissensbasiert entscheiden und nicht kopflos."
Mit einer Studie zum Abprallverhalten von Jagdbüchsengeschossen wurde der Teilaspekt der jagdlichen Sicherheit 2011 untersucht. Allerdings stehen Ergebnisse einer Vielzahl anderer vom Bund initiierten Studien noch aus. So wurden in den vergangenen drei Jahren Untersuchungen zur Tötungswirkung sowie zur Hintergrundbelastung von Wildbret mit Metallen (Lebensmittelsicherheit) gestartet, die für Munition verwendet werden.
Die etwa 1,5 Millionen Euro teuren Studien sind teils noch nicht veröffentlicht, teils noch im Stadium der Datenaufnahme. Es kann nach Ansicht des DJV nicht im Sinne des Steuerzahlers sein, Entscheidungen zu treffen, bevor grundlegende Forschungsergebnisse vorliegen und bewertet sind.
Besonders der Behauptung Behms, es bestehe kein Grund die Ergebnisse des Projektes "Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret" abzuwarten, widerspricht der DJV vehement. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) führt derzeit in enger Zusammenarbeit mit dem DJV und anderen Partnern eine Studie zur Hintergrundbelastung von Wildbret durch. Ziel des Projektes ist es, zu analysieren wie viel Blei, Kupfer und Zink grundlegend im Wildbret ist und wie viel durch Jagdmunition eingetragen wird. Die Aussagen dieses Projektes sind maßgeblich für den Entscheidungsprozess. Während beispielsweise die Bleibelastung von anderen Lebensmitteln z.B. Getreide, Obst oder Fisch bekannt ist, fehlen die Werte für Wildbret gänzlich.
Ein weiterer kritischer Punkt liegt in der Zulassung der Schießstände. Auf dem überwiegenden Teil deutscher Schießstände ist nur die Nutzung bleihaltiger Munition zugelassen. Wird mit alternativen Materialien geschossen, haftet bei einem möglichen Unfall der Betreiber. Die Jäger sind somit nicht ausreichend in der Lage, ihre Waffen auf die neue Munition um- oder einzuschießen.
Da weder die nötige Faktengrundlage für eine wissensbasierte Entscheidung vorhanden ist, noch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Praxis existieren, warnt der DJV davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. "Es müssen vernünftige Lösungen her", sagt Dr. Bethe. "Wir sind mit der angestoßenen Forschung auf dem richtigen Weg. Liegen im Frühjahr 2013 die gesamten Ergebnisse vor, muss sie die Bundesregierung bewerten."
Die Jägerschaft werde eine wissensbasiert getroffene Entscheidung zum Einsatz von Büchsengeschossen unterstützen und mittragen, so Dr. Bethe.