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Sterben Europas extensive Weidebetriebe?

Experten fordern in Brüssel Korrekturen in der Agrarpolitik, um Ziele der EU zu erreichen

(lifePR) (Brüssel / Ansbach, )
Extensives Grünland gehört zu den artenreichsten Lebensräumen in der Agrarlandschaft. Dieser Artenreichtum ist nur mit konsequenter Beweidung oder Mahd zu erhalten, wofür die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union dringend den unverzichtbaren Rahmen setzen muss. Das erfordert insbesondere eine bessere Definition von Grünland, damit dessen Bewirtschaftung gesichert werden kann. Mit diesem Tenor ging in Brüssel eine Tagung von Grünland-Experten aus ganz Europa zu Ende, die der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) gemeinsam mit dem Europäischen Forum für Naturschutz und Weidewirtschaft (EFNCP) organisierte.

Dauergrünland muss zukünftig sämtliche extensiv beweideten Flächen umfassen, für die die Experten eine modifizierte Definition vorlegten. Dazu ist aus ihrer Sicht ein eigener Nutzungscode "Landwirtschaftlich genutzte Naturschutzflächen" sinnvoll, der klar zu anderen Nutzungscodes auf Grünland abgegrenzt werden muss. Darunter können dann die Mitgliedsstaaten eine geeignete Flächenkulisse aus Natura-2000-Gebieten und Kohärenzflächen festlegen. Bis zu 50% an Gehölzen sollten auf diesen Flächen zulässig sein, weil diese die biologische Vielfalt fördern und Teil des definierten Lebensraums sind. Das würde den bürokratischen Aufwand auf diesen Flächen zudem enorm reduzieren, wovon die Landwirte und die Verwaltungen gemeinsam profitieren würden.

Die Grünland-Fachleute diskutierten die aus ihrer Sicht zwingenden Änderungen gemeinsam mit Vertretern der Generaldirektionen Landwirtschaft und Umwelt sowie des Europäischen Parlaments. Mit aktuellem Hintergrund formulierten Fachleute aus Weidewirtschaft und Landschaftspflege ihre Kernforderungen zu den vorliegenden Kommissionsvorschlägen: Ende November werden die Mitgliedsstaaten den mittelfristigen Finanzrahmen der EU ab 2014 beraten, das Europäische Parlament entscheidet über die Eckpunkte der GAP für die neue Förderperiode im Januar.

Rund ein Viertel der Wiesen und Weiden Europas sind halbnatürliches Grünland. Die Experten fürchten, dass dieses künftig durch die EU nicht mehr gefördert werden kann, wenn nicht die grundlegende Grünland-Definition korrigiert wird. Dabei ist dieses Grünland der wichtigste Teil der Agrarlandschaft für europäische Ziele wie Biodiversität, Klimaschutz, Boden- und Gewässerschutz und Ökosystem-Leistungen. Ohne eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung sind diese Extensiv-Grünlandtypen nicht zu erhalten und damit verpflichtende Ziele der FFH-Richtlinie nicht erreichbar. Derzeit sind lediglich 7% der Grünland-Lebensräume im Natura-2000-Schutzgebietsnetz im geforderten günstigen Erhaltungszustand.

Bereits heute stehen viele Weidebetriebe in Europa wirtschaftlich an der Grenze der Existenz. So verbleibt den Schäfereien in Baden-Württemberg leidglich ein Gewinn von 4,74 € je Arbeitsstunde - kein Wunder, dass es z.B. in Thüringen die Zahl der Mutterschafe binnen eines Jahres um 13,1 % schrumpfte. Daher fordern die Weideexperten höhere Förderbeträge und eine Kofinanzierung der für die Erreichung strategischer Ziele der EU besonders wichtigen Förderprogramme von bis zu 85 %.

Warum extensive Grünlandnutzung europäisch so wichtig ist, zeigen folgende Beispiele:

- Bis zu 200 Pflanzenarten und in der Folge erheblich mehr Schmetterlinge, Käfer und Vögel leben im Extensiv-Grünland - mehr als das Zwanzigfache als auf intensiv genutztem Ansaatgrünland.
- Gerade in den Auen gelangen viel weniger Nährstoffe in Grundwasser und Fließgewässer - ein Kernziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
- Naturnahe Beweidung wirkt wesentlich weniger klimaschädlich als intensive Grünlandnutzung. In den Auen kann Grünland wiedervernässt werden - so schützt Landwirtschaft das Klima optimal.

Organisiert wurde die Tagung vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL), Dachverband der 160 Landschaftspflegeverbände, und dem European Forum on Nature Conservation and Pastoralism (EFNCP), in dem sich Grünland-Experten aus ganz Europa zusammengeschlossen haben. Die Teilnehmer der Veranstaltung brachten ihre Erfahrungen u.a. aus Dänemark, Deutschland, England, Irland, den Niederlanden, Rumänien, Schottland und der Slowakei in die Diskussion ein.
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