„In vielen ärmeren Ländern der Welt konnte die Behandlung anderer Krankheiten wegen der Corona-Pandemie nicht fortgeführt werden“, bestätigt Sid Peruvemba, Vorstandssprecher des Medikamentenhilfswerks action medeor. „Das betrifft auch schwere Krankheiten wie Krebs oder die akute Notversorgung von Patienten mit Blutkonserven“, so Peruvemba. Er weiß wovon er spricht, denn action medeor versorgt Menschen in ärmeren Regionen der Welt seit über 50 Jahren mit lebensnotwendigen Medikamenten und medizinischem Equipment.
Die Gründe für die Behandlungsausfälle sind vielschichtig: Oft fanden notwendige Behandlungen nicht statt, weil es an der nötigen Schutzausrüstung fehlte. Immer öfter fehlen nun aber auch lebensnotwendige Medikamente und Materialien, weil der globale Lockdown die Logistikketten unterbrochen hat. „Eines haben die Probleme gemeinsam: Sie ihren Grund in der Pandemie. Corona hat die Gesundheitsprobleme in ärmeren Ländern deutlich verschärft, selbst dort, wo Covid-19 gar nicht um sich greift.“
Ein weiteres Beispiel dafür ist die Behandlung von Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose und HIV/Aids. „An diesen Krankheiten sterben weltweit 2,6 Millionen Menschen“, erläutert Peruvemba. „Wir waren hier auf einem sehr guten Weg, aber nun ist die Behandlung dieser Krankheiten nach Angaben der WHO um bis zu 46 Prozent eingebrochen. Wir werden uns womöglich auf mehr Todesfälle einstellen müssen, die diesen Krankheiten zum Opfer gefallen sind, weil Corona eine adäquate Behandlung verhindert hat.“
Bei action medeor in Deutschland sind diese Auswirkungen deutlich zu spüren: Bis heute sind Hilfslieferungen in einige Länder der Welt nicht oder nur auf Umwegen durchführbar. „Die Transportwege für solche Hilfslieferungen sind längst nicht wieder hundertprozentig verfügbar“, so Peruvemba.
Laut Peruvemba habe Corona zwei Dinge sehr deutlich gezeigt: „Zum einen, dass es zwischen Corona-Schutz und der Behandlung anderer Krankheiten kein ‚Entweder-Oder‘ geben darf. Es muss gelingen, beides miteinander zu kombinieren. Und zum anderen haben wir gelernt, dass wir bei aller Hilfe von außen vor allem die Gesundheitssysteme vor Ort stärken müssen, in den Schwellen- und Entwicklungsländern selbst. Das ist eine Aufgabe, die uns in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird.“