Der konjunkturelle Aufschwung ließ die Zahl der Arbeitslosen in Baden-Württemberg im laufenden Jahr gegenüber den Vorjahresmonaten jeweils deutlich zurückgehen. Im Oktober gab es einen Rückgang von 8.166 gegenüber dem September und gegenüber Oktober 2010 um 36.561. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat beträgt also 15 Prozent, auch wenn diese Entwicklung sich angesichts des nachlassenden Wirtschaftswachstums abflacht. Das zentrale Problem ist jedoch nach wie vor die Langzeitarbeitslosigkeit. Der Aufschwung ist an dieser Personengruppe weitgehend vorbeigegangen. Ihre Zahl sank gegenüber Oktober 2010 nur um 7.446 Personen oder 10,9 Prozent und damit deutlich weniger als die aller Arbeitslosen.
Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit ist ein besonderes Kennzeichen der Situation in Baden-Württemberg: 77,2 Prozent der Hartz IV-Empfänger sind langzeitarbeitslos. Im Bereich des SGB III, der Arbeitslosenversicherung sind es zwar offiziell nur 22,8 Prozent, aber alle Arbeitslosen unter 50 Jahren haben höchstens einen Arbeitlosengeld-I-Anspruch von 12 Monaten und gehen dann in den SGB-II-Rechtskreis (Hartz IV) über. Langzeitarbeitslosigkeit ist vor allem ein Problem von älteren Arbeitslosen. Dabei werden über 58-jährige, denen länger als ein Jahr kein Arbeitsangebot gemacht werden konnte, oft gar nicht mehr als Arbeitslose gezählt. Hierdurch wird nicht nur die Statistik beeinflusst, sondern den Betroffenen werden damit auch aktive Unterstützungsmaßnahmen vorenthalten.
Für Langzeitarbeitslose ist das zentrale arbeitsmarktpolitische Instrument die öffentlich geförderte Beschäftigung. Trotzdem sind die Beschäftigung schaffenden Maßnahmen in diesem Jahr bereits um 35 Prozent, gekürzt worden - mehr als alle anderen Instrumente - , und diese drastischen Einsparungen werden nach den Planungen der Bundesregierung in den nächsten Jahren fortgesetzt. "Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nimmt damit im Kauf, dass Langzeitarbeitslose noch weniger Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft haben. Denn nur ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt kann in dieser Situation weiterhelfen", so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann. Er weist auf die Vorschläge und Berechnungen der Diakonie hin, wonach sich die Finanzierung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors weitgehend kostenneutral organisieren lässt. Diakoniechef Kaufmann fordert die Bundesregierung auf, endlich "Arbeit statt Arbeitslosigkeit und Teilhabe statt Ausgrenzung zu finanzieren". Angesichts der bundespolitischen Entwicklungen hoffe er umso mehr auf die Umsetzung des von der Landesregierung angekündigten Arbeitsmarktprogramms.