Arbeitsmigranten erhalten eine Stimme und nehmen die Besucher des Kirchentags mit auf eine Reise in ihre Lebenswirklichkeit. Im Bus "arm macht mobil" und an der dazugehörigen Bushaltestelle im Diakonie-Viertel geht es um weltweite Arbeitsmigration, die auch Deutschland betrifft. "115.00 bis 300.000 osteuropäische Betreuungskräfte arbeiten in Familien mit pflegebedürftigen Menschen in Deutschland. Der größte Teil der Frauen arbeitet in irregulären Arbeitsverhältnissen", beschreibt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, die Situation. Arbeitszeitregelungen und soziale Absicherung entsprächen fast nie dem geltenden Recht. Rund um die Beschäftigung von osteuropäischen Betreuungskräften und die oft damit verbundene grenzüberschreitende Entsendung habe sich ein undurchsichtiger Vermittlungs- und Arbeitsmarkt entwickelt.
"Es gibt zahlreiche Vermittlungsagenturen und im Ausland gemeldete Firmen, die die Situation mit ausbeuterischen Methoden ausnutzen und damit unverhältnismäßig hohe Gewinne einstreichen. Von dieser Lebenswirklichkeit bekommen wir in Deutschland häufig nicht viel mit oder gehen darüber hinweg", so Kaufmann. "Es kann uns nicht gleichgültig sein, denn auch hier geht es um die Gestaltung eines gerechten Europa, und es gilt, was der Apostel Paulus so formuliert hat: Jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann. (1. Thess 5,15)."
Die Branchen und die Herkunftsländer der Arbeiterinnen und Arbeiter sind sehr unterschiedlich. Oana, 20 Jahre, aus Rumänien erzählt: "Das Hotel entpuppte sich als Döner-Kebab-Laden, mein Schlafplatz war ein Teppich, mein Arbeitstag begann morgens und endete spät in der Nacht. Als ich zurück nach Hause wollte, wurde mir die Heimreise nur gegen Sex mit dem Chef in Aussicht gestellt." Damian aus Spanien, 32 Jahre, über seine Zeit im Baugewerbe: "Den versprochenen Arbeitslohn in Höhe von 2000 Euro pro Monat habe ich nie erhalten, ebenso wenig einen schriftlichen Arbeitsvertrag, Arbeitskleidung oder adäquate Sicherheitseinweisungen." Um Geschichten wie diese und Projekte, die den Menschen helfen, geht es im Migrationsbus.
Kinder wie die 12-jährige Elistina Myktybekyzy aus Kirgistan kommen zu Wort. Mira Itikejewa, Direktorin der Partnerorganisation CPC (Centre for the Protection of Children) von Brot für die Welt, fordert: "Ein Kind ist keine Arbeitskraft. Aber den Kindern wird eingeimpft, dass sie die Familie mit zu ernähren haben und dass es wichtig ist, Geld zu verdienen. Nicht arbeiten und sogar noch Kosten durch den Schulbesuch verursachen, das wollen viele nicht. Sie laden viel Verantwortung auf sich, viel zu viel für ein Kind."
In der Veranstaltung "Wo Gerechtigkeit und Frieden sich küssen - Gerechtigkeit weltweit - Theater trifft Diskussion" am Donnerstag, 4. Juni 2015, 11.00 bis 13.00 Uhr im Diakonie-Viertel (in der Leonhardskirche) geht es ebenfalls um die Chancen und Schwierigkeiten der weltweiten Verflechtungen. Mit dabei die Jugendtheatergruppe Hope Theatre Nairobi mit einem Kulturbeitrag.
Die Teilnahme an den Veranstaltungen der Diakonie während der Kirchentags ist kostenfrei. Weitere Informationen und Programmdetails: http://blog.diakonie-wuerttemberg.de/...