Der Festtag beginnt mit einem Gottesdienst im Ökumenischen Gemeindezentrum um 10.30 Uhr, den Schwerhörigen-Seelorgerin Rosemarie Muth mit einer Gruppe schwerhöriger Menschen und ihrer Angehörigen gestaltet. Eine mobile Höranlage und der an die Wand projizierte Text macht es Menschen mit Hörproblemen leichter, dem Gottesdienst zu folgen.
Beim kleinen anschließenden Empfang werden Grußworte der Evang. Landeskirche, der Evangelischen Schwerhörigenseelsorge in Deutschland (ESiD), der Katholischen Hörgeschädigtenseelsorge, der Gehörlosenseelsorge, sowie des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Schwerhörigenbundes erwartet. Außerdem gibt es eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Schwerhörigenseelsorge und ein Erlebnisparcours zu Themen rund um das Thema Schwerhörigkeit. Einige alte Hörgeräte ergänzen das Angebot. Ende des Tages wird gegen ca. 15 Uhr mit Kaffee und Kuchen sein.
Rund 16 Millionen Menschen in Deutschland sind schwerhörig, mehr als die Hälfte aller 70-Jährigen ist betroffen. Aber auch junge Menschen kennen das Leiden: Ursachen können ein Gendefekt, eine Viruserkrankung, ein Hörsturz, Unfälle oder auch Schwangerschaft und Geburt sein. In den nächsten Jahren erwartet Schwerhörigenseelsorgerin Rosemarie Muth eine starke Zunahme schwerhöriger Menschen, die sich jetzt eine Hörminderung zum Beispiel durch aufgedrehte MP3-Player zuziehen. "Diese Geräte erreichen Lautstärken, für die man im Beruf längst einen Lärmschutz bekommt." Bei einer Mitmachaktion hätten Jugendliche die Lautstärke ihres tragbaren Players testen lassen: "Die Einstellung entsprach manchmal der eines Presslufthammers oder sogar eines startenden Düsenjets." Eine Studie der Hochschule Aalen hat gezeigt, dass rund ein Viertel aller Jugendlichen schon jetzt eine Hörminderung hat, die später zu Problemen führen wird.
Die Geschichte der Schwerhörigenseelsorge in Deutschland reicht bis ins Jahr 1901 zurück. Die Berlinerin Margarethe von Witzleben, seit Kindheit schwerhörig, setzte sich bei der Kirchenleitung für hörbehindertengerechte Gottesdienste ein, die dann in ihrem Wohnzimmer stattfanden. Daraus entwicklelte sich die Arbeit mit schwerhörigen Menschen: Gemeinschaftsabende, Fortbildungen, Sozialberatung und Ausbildung von schwerhörigen Menschen bis hin zur Gründung einer Beschäftigungsfirma. Die Stuttgarter Ortsgruppe des Deutsche Schwerhörigenvereins ist vor rund hundert Jahren gegründet worden.