- Diakonie weist Kritik des Bundesrechnungshofes an Ein-Euro-Jobs zurück
- Diakonie schlägt vor, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren
Die Kritik des Bundesrechnungshofs an der Vergabepraxis bei der Umsetzung der Ein-Euro-Jobs weist nach Ansicht der württembergischen Diakonie deutliche Schwachstellen auf. Die Wohlfahrtsverbände und ihre Beschäftigungs- und Qualifi-zierungsträger fordern zwar schon lange eine Abkehr vom Modell der Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung als dem nahezu ausschließlichen Instrument der akti-ven Arbeitsmaßnahmen. Doch die geforderte Alternative liegt nach Ansicht der Diakonie in einem konsequenten Ausbau der öffentlich geförderten Beschäftigung.
Im Oktober gab es in Baden-Württemberg 14.657 Arbeitsgelegenheiten. In der überwiegen-den Mehrzahl (ca. 85 Prozent) handelt es sich hierbei um die sogenannten 1-Euro-Jobs. Für viele Langzeitarbeitslose war dies oft die einzige Möglichkeit, zumindest eine Zeitlang einer geregelten Arbeit nachzugehen und mit der dafür gewährten Mehraufwandsentschädigung (ein bis zwei Euro pro Stunde) zumindest ein kleines zusätzliches Einkommen zu haben. Die diakonischen Beschäftigungsinitiativen haben diese Arbeitsgelegenheiten genutzt, um Lang-zeitarbeitslose auf den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Bei einer Laufzeit von sechs bis neun Monaten war dies aber selten erreichbar. Die Diakonie kritisiert, dass Ein-Euro-Jobs zusätzlich geschaffen werden müssen. "Diese Voraussetzung, nämlich untergeordnete Tä-tigkeiten zu übernehmen, steht der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen", sagt Oberkirchenrat Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württem-berg. Der Vorwurf, diese Jobs verdrängten reguläre Stellen und stünden in Konkurrenz zu Wirtschaftsbetrieben, gelte nicht für die Diakonie. "Ein diakonischer Einkaufsladen wird erst dann eröffnet, wenn der normale Einzelhandel dort längst nicht mehr auf dem Markt ist." Unverständlich ist der Vorschlag des Bundesrechnungshofes, den Aufwandsersatz für die Anstellungsträger von Ein-Euro-Jobs zu streichen. "Denn mit dieser Aufwandsentschädigung haben die Beschäftigungsinitiativen die Qualifizierung und Vermittlung von Langzeitarbeitslo-sen finanziert", so Oberkirchenrat Kaufmann.
Statt über den Wegfall der Ein-Euro-Jobs müsste daher über Alternativen nachgedacht wer-den. "Nach unserer Überzeugung ist ein Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungs-sektors eine notwendige Bedingung, um dem zentralen Problem der verfestigten Langzeitar-beitslosigkeit entgegenzutreten. Dadurch wird Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit finanziert", sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann. Um öffentlich geförderte Beschäftigung im erforderli-chen Ausmaß finanzieren zu können, brauche es neue Ansätze. Zum einen schlägt die Dia-konie Württemberg den Passiv-Aktiv-Transfer (PAT) vor. Dabei würden Passivleistungen wie Arbeitslosengeld II sowie Zuschüsse für Wohnung und Heizung in einen Beschäftigungszu-schuss umgewandelt. Zum anderen sollten Beschäftigungsprojekte den Status von Integrati-onsbetrieben bekommen. Wie es bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen be-reits üblich ist, würde dabei die Beschäftigung Langzeitarbeitsloser ohne Vermittlungsaus-sicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt per se als gemeinnützig anerkannt. Wie Integrations-betriebe würden sich Beschäftigungsprojekte dann als Unternehmen des allgemeinen Ar-beitsmarktes betätigen und gleichzeitig als begünstigte Zweckbetriebe handeln. Ein solcher Ansatz könnte zunächst modellhaft erprobt und kostenmäßig beschränkt werden. "Wir müs-sen zur Kenntnis nehmen, dass es zunehmend Menschen gibt, die nie mehr in den allge-meinen Arbeitsmarkt einzugliedern sind. Deshalb ist der öffentlich geförderte Arbeitsmarkt unbedingt erforderlich", sagt Oberkirchenrat Kaufmann.