„Wir halten es für nicht gerechtfertigt, Menschen mit Bezug von Bürgergeld pauschal vorzuwerfen, dass sie nicht arbeiten wollen“, sagt Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. Solche Unterstellungen würden der Mehrzahl der Langzeitarbeitslosen nicht gerecht. Die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Reform rückgängig machen zu wollen, gehe an der prekären Lebenssituation vieler Bürgergeldempfänger und -empfängerinnen vorbei. „Es ist schlimm, dass es Menschen gibt, die nicht heizen können, die in unsere Tafeln kommen, weil am Ende des Monats das Geld, das im Bürgergeld zur Verfügung steht, nicht reicht“, sagt Noller.
Die Diakonie Württemberg fordert Unterstützung, Förderung und Hilfe für langzeitarbeitslose Menschen. Auch brauche es ausreichende Mittel für die Jobcenter, um die Instrumente des Bürgergelds gut und flächendeckend umzusetzen: Coaching, um die Lebenslage von Langzeitarbeitslosen zu verbessern, geförderte Beschäftigung, um ihnen Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen und Weiterbildung zu Fachkräften seien positive Ansätze der Bürgergeldreform.
„Wir müssen Menschen für ihre Rückkehr auf den Arbeitsmarkt fit machen. Nur dann kann es langfristige Erfolge geben, Zwangsmaßnahmen stehen dem entgegen“, ist Noller überzeugt.
Die Diakonie Württemberg weist auch darauf hin, dass der Aufruf zur Arbeitspflicht an der Realität vorbeigeht. In der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2022 waren insgesamt 20 Prozent der Bürgergeldbeziehenden, die als arbeitsfähig eingestuft werden, 55 Jahre und älter. Von den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten stammen 42 Prozent aus einem anderen Herkunftsland, Menschen aus der Ukraine, die zum Teil gerade erst ihre Sprachkurse beenden, sind hier mit eingerechnet. Auch Langezeitarbeitslose, die dauerhaft erkrankt sind, müssten weiterhin menschenwürdig leben können.