Landesbischof Frank Otfried July nannte geflüchtete Menschen „Botschafterinnen und Botschafter für Frieden, Menschenrechte und Gerechtigkeit“. Sie seien Expertinnen und Experten für ihre Situation – „und nicht in erster Linie Objekte unserer Hilfe“. Diese Veränderung im Blick auf Flüchtlinge sei „Ausdruck unseres Werteverständnisses in einer menschlichen und solidarischen Gesellschaft und damit Schlüssel für Integration“. Respekt vor dem anderen sei das Fundament einer flüchtlingsbereiten Kirche. Die Ausstellung zeige, welche Träume, Ideen und Fähigkeiten geflüchtete Menschen mitbringen, wo ihr Herz schlägt und wie sie sich in die hiesige Gesellschaft einbringen wollen. „In Kirche, Diakonie, Politik und Gesellschaft sollten wir darum noch viel mehr auf die Ressourcen und Potenziale geflüchteter Menschen schauen. Das ist auch der Ansatz, den wir in unserer kirchlich-diakonischen Flüchtlingsarbeit verfolgen: Ressourcen und Kräfte wiederentdecken und stärken.
„Gebraucht werden deshalb Rahmenbedingungen, die Eigeninitiative und gegenseitige Solidarität und Unterstützung fördern“, sagte auch Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Oft seien die Frauen das Bindeglied einer zerbrochenen Gesellschaft. „Dieser Beitrag geflüchteter Frauen zu Integration, zu Verständigung, Versöhnung und ihr Engagement in kleinen und großen Friedensbewegungen muss sichtbar gemacht werden.“
Kaufmann wies darauf hin, dass Frauen auf der Flucht Gewalt, sexuellen Übergriffen, Hunger und Krankheit und der Angst vor dem Verlust von Angehörigen und einer insgesamt ungewissen Zukunft ausgesetzt sind. „Kirche und Diakonie unterstreichen den politischen Handlungsbedarf und sensibilisieren ihre Mitarbeitenden für die besonderen Belange von Flüchtlingsfrauen in Unterkünften“, sagte Kaufmann. Der Aufbau eines koordinierten Schutzsystems müsse grenzüberschreitend angelegt werden und auch die europäischen Fluchtrouten einbeziehen. Geflüchtete Frauen brauchten sichere Aufenthaltstitel und müssten Zugang zu psychosozialer Begleitung, therapeutischer Versorgung und zu rechtlichen Schutzmechanismen haben.
Kaufmann bezeichnete die Bilder und Skulpturen der syrischen Künstler als „Fenster in die Welt von Frauen auf der Flucht, Fenster in die Welt ihrer Herkunftsländer, Fenster in Fluchtursachen und Fluchtwege und Fenster auch in die Welt geflüchteter Frauen und ihrer Situation hierzulande“. In der Begegnung mit Bildern, „wohin keine Sprache reicht und wo unsere Worte an ihr Ende kommen“, werde Kunst zur Brücke zwischen Menschen, Kulturen und Religionen.
„Die Ausstellung steht gegen Vergessen und Verdrängen, sie hält das Gewissen wach und regt an zu Fragen und Handeln“ sagte Landesbischof July. Er bedankte sich bei allen, die sich in Diakonie und Kirche haupt- und ehrenamtlich in der Begleitung von Flüchtlingen engagieren und die äußere und innere Räume zur Verfügung stellen, damit geflüchtete Menschen aufatmen und sich entfalten können.
Die Künstlerin Rasha Deeb hat vor sechs Jahren ihr Kunststudium abgeschlossen. Mit Beginn des Krieges seien ihre Farben verblasst. „Vor fünf Jahren verloren wir unser Zuhause, unsere Seelen, unser Leben“, sagt sie. Ahmed Amer musste nach drei Jahren sein Kunststudium abbrechen. Auf seiner Flucht durchquerte er neun Länder. In seinen Werken thematisiert er besonders das Schicksal unterdrückter und gequälter Frauen.
Als Wanderausstellung waren die Werke seit Anfang dieses Jahres unterwegs. Ihren Abschluss findet die Schau in der Landesgeschäftsstelle des Diakonischen Werks Württemberg, Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart. Dort sind sie vom 18. bis 29. Oktober (montags bis donnerstags von 8 bis 17 Uhr, freitags von 8 bis 16 Uhr) zu sehen.