- Gesellschaftliches Engagement fördern statt 78 Millionen Euro streichen
- Jeder vierte Einsatzstelle würde wegfallen
„Wir sind wirklich entsetzt. Die Rufe nach einer Dienstpflicht zeigen doch, dass in Politik und Öffentlichkeit nach Lösungen gesucht wird, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Die gesetzlich geregelten Freiwilligendienste leisten dafür einen unschätzbaren Beitrag und das für vergleichsweise geringe Kosten“ sagt Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. Ein wesentlicher weiterer Aspekt sei: „Die junge Generation wurde durch die Pandemie besonders belastet. Freiwilligendienste helfen dabei, Selbstwirksamkeit, Stabilität und berufliche Orientierung zu gewinnen.“ Die Streichung führe nun zu weniger Plätzen, einem Rückgang der Einsatzstellen-Vielfalt und der Reduzierung von Einsätzen von jungen Menschen mit einem erhöhten Bedarf an Begleitung in den Diensten.
In der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation, die auch in der Sozialwirtschaft durch einen großen Mangel an Arbeitskräften geprägt sei, leisteten Freiwillige in doppelter Hinsicht eine entlastende Funktion, merkt Dr. Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Württemberg, an. Sie entlasten hauptamtliche Kräfte – so bleibe den Fachkräften mehr Zeit, sich um ihre Kernaufgaben in Pflege und Betreuung zu kümmern. Die Freiwilligendienste seien darüber hinaus auch ein „nachgewiesen erfolgreicher Weg der Gewinnung von Nachwuchskräften in diesem Bereich“.
Schon jetzt sind Freiwilligendienste nicht auskömmlich finanziert. Träger wie die Diakonie finanzieren rund ein Drittel der Kosten. In der Koalitionsvereinbarung der Ampelkoalition wurden die Stärkung und der nachfragegerechte Ausbau der Freiwilligendienste beschlossen.
Wie hoch die Freiwilligen selbst ihren Dienst schätzen, zeigt nach Ansicht der Diakonie Württemberg, dass sie selbst erfolgreich eine Petition an den Deutschen Bundestag auf den Weg gebracht haben. Mehr als 70.000 Unterzeichnende setzen sich darin für die gesellschaftliche Anerkennung und einen Ausbau der Freiwilligendienste ein.
Der nun veröffentlichte Haushaltsentwurf würde das exakte Gegenteil bewirken. Die Diakonie Württemberg appelliert an die Politik, von den geplanten Einschnitten abzusehen.
Die Kürzung um 78 Millionen Euro im Entwurf sollen mit 53 Millionen im Bundesfreiwilligendienst und 25 Millionen Euro in den Jugendfreiwilligendiensten (FSJ, FÖJ und IJFD) umgesetzt werden. Das bedeutet eine Kürzung um 23,7 Prozent ab dem Haushaltsjahr 2024.
Die Diakonie Württemberg hat Erfahrung mit jährlich 1.800 bis 2.000 Menschen in ihren Freiwilligendiensten.