Seit knapp drei Jahren verhandeln die Arbeitnehmer (AGMAV) und Arbeitgeber in der württembergischen Diakonie über die Übernahme des SuE. Es waren schwierige Verhandlungen, weil lange Zeit keine Einigung bestand, für wen dieser zusätzliche Tarifvertrag zum TVöD gelten soll. Aufgrund der Forderungen der Mitarbeiterseite haben die diakonischen Träger nun einen Vorschlag ausgearbeitet, in den alle Berufsgruppen im Erziehungsdienst und in der Behindertenhilfe aufgenommen wurden. Es wurden dabei die Vorgaben des SuE umgesetzt und diakoniespezifische Besonderheiten berücksichtigt. Denn es gibt in der Diakonie Berufsgruppen, die es im staatlichen Bereich nicht gibt und die deshalb im Original-SuE nicht vorkommen, zum Beispiel Heilerziehungspfleger, Arbeitserzieher oder Heilpädagogen mit schwieriger Tätigkeit.
Im Juni wurde die Vorlage in die Arbeitsrechtliche Kommission (AK), dem Entscheidungsgremium über das kirchlich-diakonische Tarifrecht in Württemberg, eingebracht. Die AK ist paritätisch besetzt, also je zur Hälfte aus Vertretern der Arbeitnehmer (unter anderem die AGMAV) und der Arbeitgeber. Beschlüsse können nur gefasst werden, wenn beide Seiten
zustimmen. Dort hat die Arbeitnehmerseite die Übernahme abgelehnt und angekündigt, dass sie dies auch in der Julisitzung tun wird. Damit kann die bessere Bezahlung, die rückwirkend ab dem 1. Juni gegolten hätte, nicht umgesetzt werden. Zwei Gründe führt die AGMAV für die Ablehnung an: Erstens wolle sie den SuE als Tarifvertrag für die Diakonie. Zweitens ermögliche der Antrag der Arbeitnehmer angeblich den Einsatz von Billigkräften in der Behindertenhilfe. "Diese Vorwürfe sind falsch. Erstens gibt es im Rahmen des Dritten Wegs nur die Möglichkeit, den SuE in das kirchliche Arbeitsrecht zu übertragen. Ihn als Tarifvertrag durch Verhandlungen mit Gewerkschaften zu vereinbaren, ist nach dem geltenden Recht nicht möglich. Zweitens ist die Unterstellung des Einsatzes von Billigarbeitskräften falsch. Nach der Vorlage der Arbeitgeber profitieren die Mitarbeitenden ohne Ausbildung prozentual sogar am meisten vom SuE", so Robert Bachert, Finanzvorstand der württembergischen Diakonie. Der Vorschlag der Arbeitgeber führt z.B. dazu, dass Mitarbeitende ohne Ausbildung 5,43 Prozent und Heilerziehungspfleger 2,18 Prozent mehr verdienen.
Die AGMAV nutzt also den Streit um den SuE, um aus dem Dritten Weg, der gerade durch das Bundesarbeitsgericht bestätigt wurde, auszusteigen. Sie will nun Verdi beauftragen, Verhandlungen über den SuE weiterzuführen. "Wir sind gerne bereit, Verdi bei zukünftigen Arbeitsrechtsregelungen mit einzubeziehen. Das Bundesarbeitsgericht hat uns auch aufgefordert, nach Wegen zu suchen, wie die Gewerkschaften eingebunden werden können. Dazu muss das Kirchengesetz geändert werden. Dies wird gerade auf den Weg gebracht, übrigens unter Einbeziehung der AGMAV. Aber das braucht Zeit. Und es ist unseren Mitarbeitenden nicht zuzumuten, dass sie so lange auf bessere Bezahlung verzichten", sagt Diakoniechef Kaufmann.
Insgesamt sind die Bemühungen der AGMAV unverständlich, den Dritten Weg unbedingt abschaffen zu wollen. Denn die unabhängige Zeitschrift Wohlfahrt intern hat gerade festgestellt, dass Tarife, die im Dritten Weg erreicht wurden, zu besserer Bezahlung der Mitarbeitenden führen als Tarifwerke, die mit Verdi verhandelt wurden. So bezahlt Caritas am besten, gefolgt von der Diakonie. Erst an dritter Stelle kommen Tarifwerke, die unter Beteiligung von Verdi zustande kamen. "Das bestätigt uns in unserem Einsatz für den Dritten Weg. Denn wir wollen gewährleisten, dass unsere Mitarbeitenden angemessen bezahlt werden. Offensichtlich ist der AGMAV die Abschaffung des Dritten Wegs mehr wert als die gerechte Bezahlung der diakonischen Mitarbeitenden", so Finanzvorstand Robert Bachert. Er fordert die AGMAV auf, im Interesse der Mitarbeitenden endlich wieder die Gespräche über den SuE aufzunehmen. Die diakonischen Arbeitgeber sind jederzeit verhandlungsbereit.