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Patienten mit Behinderung brauchen besondere Zuwendung

Landestreffen von Vertretern von 48 kirchlichen Kliniken in Baden-Württemberg

(lifePR) (Stuttgart, )
Eine adäquate Versorgung von Patienten mit Behinderungen haben Vertreter der 48 baden-württembergischen Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken in katholischer oder evangelischer Trägerschaft bei ihrem heutigen Landestreffen im Diakonie-Klinikum Stuttgart angemahnt. "Wir müssen uns auf den Weg machen, Barrieren in den Köpfen und Herzen abzubauen", sagte Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorsitzender des Evangelischen Krankenhausverbands Baden-Württemberg. Das Personal in den Krankenhäusern müsse sich auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Patienten einstellen, der Mehraufwand von den Kostenträgern vergütet werden.

Patientinnen und Patienten mit Behinderung - Problem oder Herausforderung für ein kirchliches Krankenhaus?, unter diesem Titel stand der Einführungsvortrag von Prof. Dr. med. Michael Seidel, Ärztlicher Direktor Bethel.regional der von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel. Kommen behinderte Menschen mit einer akuten Krankheit ins Krankenhaus, gibt es zahlreiche Probleme, beispielsweise mit der Verständigung oder der Orientierung in der neuen Umgebung. Im Krankenhaus treffen sie auf hochgradig standardisierte und beschleunigte Abläufe und knappe Personalressourcen. Es bleibt wenig Zeit für individuelle Zuwendung. Die Folge sind zunehmende Klagen der Betroffenen über Pflegemängel während des Krankenhausaufenthaltes oder dass die personelle Unterstützung durch Angehörige oder die Einrichtungen zur Bedingung für die Krankenhausaufnahme gemacht wird bis hin zu frühzeitigen und schlecht vorbereiteten Entlassungen. Mit der Einführung des fallgruppenbezogenen Vergütungssystems - der so genannten DRGs (Diagnosis Related Groups) der stationären Krankenhausleistungen im Jahr 2004 - verschärfte sich die Situation erheblich. Aber weder die Krankenkassen noch der Sozialhilfekostenträger seien bislang bereit, zur Lösung des Problems beizutragen und verwiesen auf die Zuständigkeit anderer, so Seidel. Dabei regele ein Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dass die Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard wie für andere Menschen gelten (Artikel 25).

Seidel leitet daraus die Forderung ab, dass sich alle Krankenhäuser und alle Berufsgruppen im Krankenhaus in die Lage versetzen müssen, besser als bisher auf die Belange von Menschen mit Behinderung einzugehen. Dazu seien geeignete Rahmenbedingungen notwendig. Etwa regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter im Umgang mit behinderten Menschen und deren Krankheiten, aber auch eine bessere Vernetzung mit den Behinderteneinrichtungen vor Ort. Notwendig sei aber auch eine aufwandsgerechte Vergütung des Mehraufwands und eine entsprechende Ergänzung der DRG-basierten Abrechnung. Die Krankenhäuser von Diakonie und Caritas forderte er auf, aus ihrer christlichen Identität und ihrem ureigensten Auftrag heraus bei der Krankenhausbehandlung behinderter Menschen beispielgebend zu werden und gesundheitspolitische Anwaltschaft zu übernehmen.

Privatdozent Dr. Lothar Jahn, Ärztlicher Direktor des Diakonie-Klinikums Schwäbisch Hall, nannte "standardisierte Abläufe" und den Zeitdruck in einem Akutkrankenhaus hinderlich für eine angemessene Auseinandersetzung mit Patienten mit einer Behinderung. Nicht immer seien die Behinderungen dem medizinischen Personal vorher bekannt. Auch wenn die Fallpauschalen einen Mehraufwand nicht ausreichend berücksichtigten, sieht der Mediziner das eigentliche Problem im geringen Personalschlüssel. Jahn rief die kirchlichen Krankenhäuser dazu auf, Grundlagen für eine individuelle Betreuung zu schaffen, indem sie etwa eine zentrale Ansprechperson oder "Behindertenfürsprecher" benennen oder eine Hotline anbieten.

Albert Ebinger, Geschäftsführer des Behindertenzentrums Stuttgart (bhz), sprach von eher schlechten Erfahrungen der Mehrheit seiner 340 Betreuten mit Krankenhausaufenthalten. Probleme bei der Kommunikation, Unsicherheiten bei der Diagnose von nicht behinderungsbedingten Krankheiten und Verunsicherung in der fremden Umgebung führten bei den Patienten zu Orientierungslosigkeit, Weglauftendenzen und Blockaden. Bei einem geplanten Krankenhausaufenthalt eines Bewohners werde versucht, eine Begleitung zu organisieren. Er beklagte: "Mitarbeiter müssen oft sehr hartnäckig bleiben, damit Bewohnerinnen und Bewohner genauer untersucht werden." Für ihn sind die Qualifizierung des Personals für das Verständnis für Behinderungen und Patientenbegleiter für Menschen mit Behinderungen unerlässlich. Und: "Mehrzeit muss anerkannt und bezahlt werden."

Die insgesamt 48 baden-württembergischen Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken in katholischer oder evangelischer Trägerschaft haben zusammen rund 10.500 Betten und rund 21.000 Mitarbeitende. Die Landesarbeitsgemeinschaft der katholischen Krankenhäuser und der Evangelische Krankenhausverband Baden-Württemberg haben eine vertragliche Kooperation.
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