Die Idee: Frauen und Männer, die ihre Wochenarbeitszeit erhöhen, erhalten einen Zuschuss von acht Euro je Stunde, wenn sie sozialversicherungspflichtig haushaltsnahe Dienstleistungen wie Putzen, Bügeln oder Wäschewaschen in Anspruch nehmen. Der Haushalt muss also trotz vollzeitnaher Arbeit nicht liegen bleiben. Gleichzeitig bieten die Agenturen für Arbeit Qualifizierungsmaßnahmen für Dienstleister an und tragen so zur Professionalisierung von HHDL bei. Die Idee stammt aus Belgien.
„Unsere Erfahrung zeigt, dass häufig gut qualifizierte Frauen weniger Stunden arbeiten als sie möchten, um neben den familiären Verpflichtungen die Aufgaben im Haushalt erledigen zu können. Wenn diese Frauen ihre Wochenarbeitszeit um fünf bis zehn Stunden erhöhen und dafür von uns einen Gutschein bekommen, mit dem sie sich qualitativ gute Hilfe im Haushalt leisten könnten, schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, erklärt Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung der RD Baden-Württemberg. Eine höhere Arbeitszeit ginge oft einher mit qualifizierteren Aufgaben und somit mehr Gehalt für die Arbeitssuchenden. Ebenso würden sozialversicherungspflichtige Jobs im HHDL-Bereich geschaffen.
„Mit dem zweijährigen Modellprojekt übernimmt Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle in Deutschland. Wir erproben innovative Handlungsansätze der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und tragen mit den Gutscheinen sowohl zur Professionalisierung haushaltsnaher Dienstleistungen als auch zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung und des Arbeitsvolumens von Frauen bei. Unser Ziel ist es, das Fachkräftepotenzial von Frauen noch besser für die Südwestwirtschaft zu erschließen“, erklärt Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. „Durch die Gutscheine können beispielsweise Wiedereinsteigerinnen dabei unterstützt werden, in den Beruf zurückzukehren und entsprechend ihrer Qualifikation berufstätig zu sein. Angesichts des demografischen und familialen Wandels eröffnen wir neue und zeitgemäße Möglichkeiten für die parallele Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wirken Schwarzarbeit im Sektor haushaltsnaher Dienstleistungen entgegen und stärken gleichzeitig die Regionen“, so die Ministerin weiter.
Mit der Möglichkeit für geringqualifizierte Personen, sich im Rahmen des Projekts weiterzubilden und einen hauswirtschaftlichen Abschluss zu erlangen, bieten HHDL eine attraktive Jobalternative. Momentan beschäftigen lediglich knapp ein Prozent der rund vier Millionen Privathaushalte Dienstleistende sozialversicherungspflichtig. Seriöse Dienstleistungsunternehmen würden momentan von Internet-Anbietern verdrängt. „Dies hat zur Folge, dass zum einen die gute Qualität der Arbeit, zum anderen die soziale Absicherung der Dienstleistenden komplett außer Acht gelassen werden“, beschreibt der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg und der Stiftung Diakonie Württemberg, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, seine Beobachtungen. „Wir brauchen aber dringend einen gleichberechtigten Zugang aller zur Erwerbsarbeit, damit wir eine gleichberechtigte Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft garantieren können!“
„Mit professioneller Hilfe im Haushalt wird es leichter Beruf und Familie zu vereinbaren. Unser Ziel ist es, qualifizierte Frauen, die stark in die Familienarbeit eingebunden sind, aber gerne wieder – oder wieder mehr – arbeiten würden, zu unterstützen. Durch haushaltsnahe Dienstleistungen können sie in ihrem Alltag entlastet werden", betonte Dr. Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundesfamilienministerium. „Auf der anderen Seite stärken wir mit dem Modellprojekt die Dienstleistungsunternehmen und bekämpfen wirksam Schwarzarbeit, da die Gutscheine nur da eingelöst werden können, wo die Firmen ihr Personal sozialversicherungspflichtig beschäftigen.“
Hintergrund
Seit dem 1. Marz 2017 lauft das Modellprojekt in den Arbeitsagenturen Aalen und Heilbronn, Projektende ist Februar 2019. Mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Millionen Euro finanzieren RD Baden-Württemberg, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, BMFSJ und Stiftung Diakonie Württemberg das Projekt.
Gutscheine können ausgegeben werden an:
- Wiedereinsteigende, Arbeitslose oder Arbeitssuchende mit Familienaufgaben, die anstatt der üblichen 15 bis 20 Wochenstunden eine Beschäftigung mit mindestens
- Berufstätige, die wegen Betreuungs- und Pflegeaufgaben für Angehörige ihre Arbeitszeit auf unter 25 – 30 Stunden reduzieren bzw. ihre Berufstätigkeit aufgeben mussten.
- Berufstätige, die wegen Betreuungs- und Pflegeaufgaben für Angehörige in Teilzeit arbeiten und nun ihre Arbeitszeit auf mindestens 30 Stunden erhöhen mochten.