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„Besser, aber nicht gut genug“

Ein Kommentar von Didacta-Präsident Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis zur PISA-Studie 2009

(lifePR) (Darmstadt, )
Das deutsche Bildungssystem ist besser geworden, aber immer noch ungerecht. Auf diese kurze Formel lässt sich die jüngste PISA-Studie bringen. So liegen deutsche Schüler im internationalen Vergleich vor allem in den Naturwissenschaften und in Mathematik nun über dem Durchschnitt. Doch noch immer sind die Unterschiede in den Schulleistungen stark geprägt durch den sozio-ökonomischen Hintergrund der Familien, aber mehr noch durch den der Schulen. In keinem anderen Land hat ein sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien.

Bereits in diesem Sommer hatte das Berliner Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen herausgefunden, dass ein Arbeiterkind eine 4,5-mal geringere Chance habe, es auf das Gymnasium zu schaffen als ein Akademikerkind, sogar wenn es die gleichen Leistungen erbringe.

Diese Ergebnisse lassen sich auch so interpretieren: Es fehlt der politische Wille, allen Kindern möglichst gleiche Bildungschancen zu bieten. Dabei liegen längst international bewährte Konzepte vor, die diesen Missstand beheben könnten. Erst wenn das deutsche Bildungssystem diskursiv ist, wenn die Bildungsprozesse Institutionen übergreifend gestaltet sind und aufeinander aufbauen, werden wir beispielsweise die Sprachkompetenz der Benachteiligten verbessern. Dazu bedarf es der radikalen Reform der Ausbildung von Fachkräften. Sie müssen in die Lage versetzt werden, unsere Kinder über die Grenzen der Institutionen hinweg zu begleiten und zu fördern. Und wir müssen Diversität endlich als Chance begreifen, um Integration zu ermöglichen.

Deshalb müssen folgende Punkte auf der politischen Agenda ganz oben stehen:

- der qualitative Ausbau der Frühförderung,
- eine bessere Ausbildung und auch Bezahlung der Fachkräfte,
- die Einführung eines Institutionen übergreifenden Bildungsplans, der für das ganze Land gilt, und
- der weitere Ausbau von gebundenen Ganztagsschulen, die ihr Potenzial hinsichtlich der individuellen Förderung voll ausschöpfen.

Ihr Nachteil: Sie kosten Geld.

Deutschland gibt – gemessen an seiner Wirtschaftskraft – mit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen Prozentpunkt weniger für Bildung aus als die OECD-Länder im Durchschnitt; nachzulesen im Bildungsfinanzbericht 2010 des Statistischen Bundesamtes. Das Kooperationsverbot lähmt die dringend nötige Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der Bildungsfinanzierung. Investitionen des Bundes in die Infrastruktur, wie das abgelaufene 4-Milliardenprogramm zum Aufbau von Ganztagsschulen, sind derzeit nicht in Sicht. Und immer wieder werden Gelder nicht zielgerichtet verwendet, wie zuletzt beim Sprachförderprogramm des Bundes für 4 000 Kitas, dessen Vergabekriterien unklar bleiben, oder beim winzigen Bildungspaket für Hartz-4-Kinder.

Doch es gibt Lichtblicke: Nach dem PISA-Schock 2001 haben die Bundesländer Reformen auf den Weg gebracht, deren Wirkung sich aber erst in den folgenden Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, zeigen wird. So zweifelt zumindest niemand mehr am Wert der frühkindlichen Bildung und in deutschen Schulen wird versucht, individueller zu lehren und zu lernen.

Weitere Fortschritte sind möglich, ohne viele Kosten zu verursachen, wie eine aktuelle McKinsey-Studie zeigt. Optimierte Lehrpläne, eine bessere Führung durch die Schulleitung sowie eine genauere Auswahl der Lehrkräfte könnten dazu beitragen.

Vor allem die Qualität der Pädagogen entscheidet über den Bildungserfolg. Deshalb brauchen wir die Aufwertung des Erzieher- und Lehrerberufs und die breite gesellschaftliche Unterstützung der Bildungsinstitutionen. Sie sollten ermutigt werden, eigenverantwortlich zu handeln. Und wir brauchen ein politisches Klima, in dem die Fachkräfte Bildung von Anfang an für alle Kinder ermöglichen können – mit Politikern, die keine Investitionen scheuen, deren Auswirkungen erst nach der laufenden Legislaturperiode spürbar werden.
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