Eine übliche Definition dazu finden wir im Gabler Wirtschaftslexikon (Gabler Verlag)
„Die Ausrichtung aller marktrelevanten Maßnahmen eines Unternehmens an den Bedürfnissen und Problemen der Kunden."
Dem gegenüber stellen wir ein deutsches Sprichwort, das es interessanterweise auch in vielen anderen Sprachen der Welt gibt:
Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.
Damit sind wir mal wieder bei dem nur zu gut bekannten Dilemma, dass Theorie und erlebte Praxis verschiedene Dinge sind.
Die Theorie blickt zunächst vom Anbieter auf den Kunden. Drehen wir diesen Ansatz „Kunde steht im Mittelpunkt" doch einfach herum. Wir wenden also eine äußerst hilfreiche Methode an, die sich in der Praxis bewährt hat (wenn sich eine Tür durch drücken nicht öffnen lässt, versuchen Sie es mal mit ziehen). Auf unser Thema übertragen heißt das, wir stellen bei unseren Überlegungen zur Kundenorientierung den Anbieter in den Fokus unserer Betrachtung und nehmen den Begriff Kundenorientierung wörtlich: „dem Kunden Orientierung geben".
Sicherlich fragen Sie sich jetzt, was man von dieser Umkehrung hat. Nun, es erschließen sich Handlungsmöglichkeiten – denn den Kunden müssen wir erst einmal so nehmen wie er ist, an uns selber als Anbieter aber können wir arbeiten.
Was heißt das konkret?
Eine ausreichende Kompetenz auf der fachlichen Seite, sprich Produktkenntnis, ist das zunächst einmal am einfachsten zu erwerbende Rüstzeug. Dem wird in der Regel auch Vorrang gegeben, dies reicht aber nicht aus. Entscheidend sind die Prozesse, die sich auf der zwischenmenschlichen Ebene abspielen. Der Anbieter muss seine Identifikation mit seinem Produkt seinem Kunden überzeugend vermitteln. Das lässt sich nicht vortäuschen, denn - ohne eigene Identifikation keine Orientierung für den Kunden!
Sie können es versuchen, aber der Kunde wird es merken, denn Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob sie ernst genommen oder manipuliert werden.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Sie das Produkt oder die Dienstleistung, die Sie anbieten, von sich kaufen würden? Haben Sie schon mal versucht, Ihr eigener Kunde zu sein?
Der amerikanische Unternehmer und Gründer von Toys ’R’ Us, Charles Lazarus, hat einmal gesagt:
"Die besten Ideen kommen mir, wenn ich mir vorstelle, ich bin mein eigener Kunde."
Wenn Sie glauben, sich selbst überzeugen zu können, wird Ihnen das auch bei anderen gelingen. Wohlgemerkt – Überzeugen nicht Überreden!
Einer der größten Kostenfaktoren in einem Unternehmen sind die Mitarbeiter, die nicht hinter dem stehen, was sie tun. Aus einer unzufriedenen Grundstimmung heraus, mit „Dienst nach Vorschrift" werden wir es nicht schaffen, bei unseren Kunden zu sein und diese durch ein Verkaufsgespräch zu führen. Oft weiß ein Kunde nicht wirklich was er will – oder möchte die Verantwortung der Entscheidung anderen überlassen. In einer solchen Situation ist es umso wichtiger, dass der Anbieter eine klare Vorstellung hat, welchen Nutzen und Vorteil sein Produkt dem Kunden bietet.
Es gibt zahlreiche Untersuchungen zu dem Phänomen, dass Kinder nicht zufriedener werden, wenn sie ein möglichst großes Repertoire an Spielzeugen haben oder ihnen ein möglichst großes Unterhaltungsangebot zur Verfügung gestellt wird. Ebenso fühlt sich ein Kunde nicht notwendigerweise dort wohl, wo ihm ein möglichst vielfältiges Angebot gemacht wird, oder er zu hören bekommt, dass man alle seine Wünsche erfüllen könne.
Diese Tatsache machen sich insbesondere die Discount-Ketten zu Nutze, die eben nicht nur über den Preis arbeiten. Ihr eingeschränktes, überschaubares Angebot kanalisiert die Kundenentscheidung und der Kunde verlässt in der Regel ohne Zweifel an der Richtigkeit seiner Kaufentscheidung das Geschäft.
Dies schließt natürlich nicht aus, dass sich ein Kunde auch dann entscheidet, wenn er keine wirkliche Orientierung über den Nutzen des Produktes für ihn hat. Bei einer solchen Entscheidung kann allerdings in ihm der Zweifel bleiben, ob nicht eine andere Entscheidung doch eine bessere gewesen wäre. Ein Gefühl der Unsicherheit und Unzufriedenheit wäre die Folge und damit ein Kunde, der vielleicht nicht wieder kommt.
Oder - er entscheidet sich gar nicht, so wie es dem Esel in der Fabel von Aristoteles erging, der sich nicht zwischen zwei Heuhaufen entscheiden konnte und letztendlich verhungerte. – Lassen Sie Ihren Kunden nicht verhungern…
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