Mit Anton Franz ehrt die Stadt Heidelberg eine Persönlichkeit, die von Anbeginn der Bürgerrechtsarbeit der Sinti und Roma in Deutschland eine zentrale Rolle spielte.
Die Familie von Anton Franz blieb im Nationalsozialismus nicht von der rassistischen Verfolgung verschont. Von Straßburg aus wurden seine Großeltern, sein Großvater war im Ersten Weltkrieg Reiteroffizier, nach Auschwitz deportiert. Zwei Brüder seines Vaters sowie dessen Schwester, ihr Mann und ihre Kinder wurden in Auschwitz ermordet. Der Vater selbst musste für die Nazis Zwangsarbeit in Russland leisten. Mit seiner Mutter, deren Familie vor dem Krieg ein bekanntes Theater in Königsberg unterhielt, und seinen Geschwister flüchtete Anton Franz über Österreich nach Jugoslawien. „Die Vergangenheit darf nicht vergessen werden“ ist nach dem Krieg zu seiner Maxime geworden. Die Wut über die jahrzehntelange Nicht-Anerkennung der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung unter den Sinti und Roma, die ungebrochenen Diskriminierungen und
vorherrschenden Vorurteile in Deutschland, wurden in den 1970ern zu seiner Motivation, sich in der Bürgerrechtsarbeit zu engagieren.
Der erste große Erfolg der noch jungen Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma war die Gedenkkundgebung im ehemaligen KZ Bergen-Belsen im Jahr 1979. Noch vor ihrem offiziellen Antrittsbesuch in Deutschland, bekundete dort die neugewählte Präsidentin des Europäischen Parlaments, Simone Veil, ihre uneingeschränkte Solidarität mit den Sinti und Roma. Zusammen mit ihr legten Anton Franz und Romani Rose Kränze zu Ehren der KZ-Opfer am Mahnmal nieder. Im gleichen Jahr wurde Anton Franz Vorstandsmitglied im Verband deutscher Sinti, der den Grundstein für den späteren Zentralrat Deutscher Sinti und Roma legte.
Ostern 1980 nahm Anton Franz zusammen mit Romani Rose an dem weltweit viel beachteten Hungerstreik im ehemaligen KZ Dachau teil. Acht Tage lang kämpften dort zwölf Sinti um die moralische Rehabilitation der Minderheit der Sinti und Roma. Franz, Rose und den weiteren Vorreitern der Bürgerrechtsbewegung war es zu verdanken, dass die unheilvolle Rolle, die die bayrische „Zigeunerpolizeistelle“ in der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch nach dem Krieg als „Landfahrerzentrale“ noch gespielt hat, ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde.
Früh erkannte Anton Franz auch die wichtige Rolle eines „interkulturellen“ Dokumentations- und Kulturzentrums, als einen Ort der Begegnung zwischen Minderheit und Mehrheit, der Kommunikation und „als einfachste Chance, um gegenseitiges Verständnis zu erreichen“ und Vorurteile abzubauen. „Wir müssen dafür kämpfen, dass die Vorurteile abgebaut werden, (…) dass wenigstens unsere Söhne und Töchter ohne Nachteil und Beschimpfung in diesem Lande leben können“.
Die Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Heidelberg findet am Mittwoch, den 26. Mai um 10:00 Uhr statt. Im Anschluss wird zu Ehren von Anton Franz ein Empfang im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg gegeben.
Weitere Informationen unter: www.sintiundroma.de