Was steckt hinter dem Begriff "Zigeuner"? Klaus-Michael Bogdal behauptet, auch wenn wir politisch korrekt von "Sinti und Roma" oder "Romvölkern" sprechen, denken wir den Begriff mit. Denn in ihm verdichten sich jahrhundertealte Ängste und Sehnsüchte der Mehrheitsgesellschaft, die mit der real existierenden Gruppe der Sinti und Roma nichts gemein haben. Bogdal spricht von einer Art "Abwehrprogramm", das sich hinter dem Konstrukt verbirgt, und die europäische Kultur abgrenzen sollte.
Bogdal zeigt zum ersten Mal im europäischen Vergleich, wie es möglich wurde, dass sich jahrhundertealter Hass in einem Spannungsverhältnis von Faszination und Verachtung bis heute halten konnte. Der Autor zeigt, wie die Mehrheitsgesellschaft zum Volk der Sinti und Roma stets die größtmögliche Distanz suchte. Das Buch umfasst die Geschichte der Darstellung der "Zigeuner" in der europäischen Literatur und Kunst vom Spätmittelalter bis heute - von Norwegen bis Spanien, von England bis Russland. Die Dokumente, die Bogdal heranzieht, reichen von den frühen Chroniken und Rechtsdokumenten über ethnographische Werke und künstlerische Darstellungen bis hin zu den Holocausterinnerungen von Sinti und Roma.
Dass die Geschichte der Ausgrenzung nach 1945 keineswegs endete, weist Bogdal an Autoren wie Günter Grass und Herta Müller nach, denen jegliche Diskriminierung ja in der Regel fremd ist. Aber gerade hier zeigt sich, wie tief die Figur des "Zigeuners" im kulturellen Gedächtnis verhaftet ist, und wie selten sie hinterfragt wird.
Der Eintritt ist frei.