Auch in diesem Jahr ermöglichen das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg zusammen mit dem Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT) Enkeln und Urenkeln von Opfern des Nationalsozialismus an den Gedenkfeierlichkeiten zum Jahrestag in Auschwitz teilzunehmen. Seit 1994, in diesem Jahr zum 16. Mal, reisen Delegationen von Überlebenden des Nazi-Terrors sowie deren Familienangehörige zu dem Ort, der zu einem Symbol für die massenhafte und industrielle Vernichtung von Menschen wurde. 2008 war es mit Unterstützung des BfDT erstmals möglich, dass auch Sinti und Roma der dritten und vierten Generation die Zeitzeugen auf den Spuren der Geschichte ihrer Familien und ihres Volkes begleiteten.
Eingebettet in die heute vom polnischen Roma-Verband (RSVP) organisierten Feierlichkeiten zum Internationalen Roma-Tag am 2. August wird der Gruppe von Enkel und Urenkeln ein dreitägiges Programm angeboten, das ihnen die Möglichkeit bietet, an die Ermordung der Sinti und Roma unter dem NS-Regime zu gedenken und der Geschichte ihres Volkes und ihrer Familien zu erinnern.
Im Rahmen des Gedenktages gibt es in diesem Jahr mit der Gedenksteinenthüllung sowie der Ergänzung der Informationstafel am Krematorium V gleich zwei Besonderheiten.
Bereits einen Tag vor den offiziellen Feierlichkeiten werden sich alle Delegationen zur Enthüllung des Gedenksteins zur Erinnerung an die dort ermordeten Sinti und Roma am ehemaligen Krematorium V in Auschwitz Birkenau einfinden. Bei der öffentlichen Übergabe sprechen Piotr Cywiński, Direktor der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Roman Kwiatkowski, Präsident des polnischen Roma- Verbandes, Piotr Kadlcik, Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Polen sowie Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma. Im Anschluss an die Gedenksteinenthüllung zu Ehren der Ermordeten findet eine feierliche Kranzniederlegung an der „Schwarzen Wand“ des sogenannten „Stammlagers“ sowie ein Besuch der Dauerausstellung „Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma im besetzten Europa“ im Häftlingsblock 13 statt.
Auch werden an zentralen Stellen des ehemaligen Lagers Texte von Informationstafeln durch die Gedenkstättenleitung abgeändert und ergänzt. So wird nun an der Informationstafel am Krematorium V explizit auf die Ermordung der Sinti und Roma hingewiesen.
Am Tag der Gedenkfeier zum Internationalen Roma-Gedenktag im Lagerabschnitt B II e in Auschwitz Birkenau wird der Gruppe neben der Teilnahme an den Feierlichkeiten auch ein Besuch der Internationalen Jugendbegegnungsstätte ermöglicht. Dort werden sie von Vertretern der Bundesrepublik Deutschland empfangen. Auch sind weitere Veranstaltungen mit Zeitzeugen sowie ein Treffen mit dem Vorsitzenden des RSVP, Roman Kwiatkowski, geplant.
Gerade der Dialog zwischen den Generationen, aber auch zwischen Teilnehmern verschiedenster Nationen schafft eine zukunftsorientierte, lebendige und produktive Erinnerungskultur. Dies ist die zentrale Motivation der Erinnerungsfahrten. Denn nur durch die Sensibilisierung der nächsten Generationen für Geschichte und politische Kultur kann die Situation für Minderheiten in ganz Europa nachhaltig verbessert, die neuerstarkende rassistische Ideologie und Gewalt bekämpft und die demokratischen Rechte jedes Menschen gesichert werden.