Das besondere verbindende Element der Glocken ist die traditionelle Glockenzier, die mit Motiven oder Glockensprüchen gestaltet wird. Schon auf frühen christlichen Glocken des 11. Jahrhunderts finden sich Inschriften. Diese wiesen zumeist auf die Gießer bzw. den Auftraggeber, die Funktion der Glocke und ihr Gussjahr hin. Erst mit der Umstellung des Glockengusses vom Wachsausschmelzverfahren zum Mantelabhebeverfahren, waren aufwendigere Verzierungen auf Glocken möglich. So bildeten im Mittelalter die Glockengießer oftmals Heilige auf den Glocken ab, in der Hoffnung, dass ihr Schutz – zusätzlich noch durch eine entsprechende Inschrift erbeten – sich über die gesamte Hörweite der Glocke erstreckt und somit ihre apotropäische (unheilabweisende) Wirkung weit hinausgetragen wird.
Die Magdeburger Glocken zieren die Kunstwerke von Künstler Gert Weber, die in besonderer Weise einen verbindenden Charakter zwischen den Glocken herstellen. Gert Weber platzierte das spirituelle Wort an der Glockenhaube und die Glockenflanken werden durch Grafiken gestaltet. Die Elemente am Schlagring sind so gestaltet, dass sie die neuen Glocken gezielt mit den vorhandenen alten Glocken in einen Kontext stellen.
Jede Glocke ziert eine Szene des Zusammenlebens, biblischer Motive und verbindet das spirituelle mit dem philosophischen Wort. Die Glocken mit ihrem Klang und ihrer Verarbeitung sowie Zier möchten unsere Welt mit der höheren Welt verbinden.
Es werden Werte wie Vertrauen, Glauben, Nächstenliebe, Hilfe, das Überwinden der Angst und des Schmerzes, Liebe und Vergebung dargestellt, die in unseren aktuellen von Unruhen und Kriegen geprägten Welt wieder in den Fokus rücken sollten, um das Miteinander statt Gegeneinander zu erreichen.
Die Rückseiten aller acht neuen Glocken sind einheitlich mit Bibelstellen an der Glockenhaube versehen, um die Geschwisterlichkeit zu symbolisieren. Als Zierelement verwendet Gert Weber den Magdeburger Dom in einem Vorgängerbaus von 1207, der durch einen Brand zerstört wurde und die er auf der Grabplatte von Friedrich von Wettin, dem ehemaligen Erzbischof in den Jahren 1142-1152, bei einem Rundgang durch den Dom entdeckte.
Gert Weber hat so eine künstlerische Ausdrucksweise gefunden, die über 1000jährige Geschichte mit dem Heute zu verbinden. Ein weiteres Detail ist der Zierfries des Glockenwolmes, ebenso ein Zitat, das sich auf dem Gewand von Friedrich von Wettin befindet.
Der Künstler Gert Weber
Gert Weber wurde 1951 in Gräfenhain / Thüringen geboren. Nach anfänglichem privaten Zeichenunterricht und dem Abitur begann er sein Studium 1974 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Er unterbrach sein Studium und sammelte zunächst praktische Erfahrungen im Atelier von Werner Schubert-Deister in Friedrichroda, bevor er 1976-1980 an der Hochschule für Grafik- und Buchkunst in Leipzig studierte. Seit 1980 ist er als freischaffender Künstler tätig und gestaltete zahlreiche Wandbilder, führte restauratorische Arbeiten durch in vielen Kirchen oder historischen Gebäuden und wandte sich auch speziell dann der Gestaltung von Glocken zu.
1992 erhielt er den Kulturpreis des Landkreises Gotha und 2002 war er Preisträger des Wettbewerbs zur Gestaltung des Raumes der Stille im Landtag Thüringens in Erfurt.
2018 wurde Gert Weber mit dem Verdienstorden am Bande der Bundesrepublik Deutschland durch den Bundespräsidenten ausgezeichnet.
Studien- und Arbeitsaufenthalte führten in fortlaufend nach Poznan, Krakow, Gdansk, Wroclaw, Paris, Mougins, Nizza, Genua, Rom sowie Barcelona und Figueras, Akko, Bethlehem, Cesarea, Haifa, Jerusalem, Nazareth, Tel Aviv-Jaffa und Tiberias.