KBA ruft im Daimler-Abgasskandal Modell Vito zurück
Auch Besitzer des Modell Vito von Mercedes sind vom Diesel-Abgasskandal betroffen. Im Vito soll laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ein Motor verbaut worden sein, bei dem der Verdacht besteht, dass Daimler eine illegale Abschalteinrichtung verwendet hat. Betroffen vom KBA-Rückruf im Mai 2018 waren insgesamt 6300 Fahrzeuge des Modells Mercedes Vito 1.6-Liter-Diesel mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6. Davon 1372 Fahrzeuge in Deutschland und 4923 weltweit.
→ Es handelt sich um den Motor mit der Bezeichnung OM 622 mit einem Hubraum von 1598 ccm.
→ Der strittige Dieselmotor OM 622 der EU-Emissionsstufe Euro 6b (W) wurde von Daimler zwischen Juni 2015 bis Juli 2018 im Vito verbaut.
→ Für die Emissionsstufe Euro 6b (y) kam der Motor zwischen Juni 2016 und September 2018 zum Einbau.
Man findet die fraglichen Motoren in fast allen Baureihen des Autokonzerns. Experten gehen daher davon aus, dass zahlreiche weitere Rückrufe erfolgen werden. Daimler wehrt sich gegen die Bescheide des KBA und ist der Ansicht, dass keine Gesetzesverstöße vorliegen. Einen Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft Stuttgart über 870 Millionen Euro hat die Daimler AG jedoch anstandslos akzeptiert.
Welche juristischen Möglichkeiten hat der Verbraucher, auf den Diesel-Abgasskandal bei Daimler zu reagieren?
Der Verbraucher kann drei Möglichkeiten für sich in Anspruch nehmen, um seine Rechte durchzusetzen.
- Der Autoinhaber kann vom Kaufvertrag zurücktreten, weil das gelieferte Auto im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen Sachmangel aufwies. Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss festgehalten, dass Fahrzeuge mit einer Manipulationssoftware mangelhaft sind. Zahlreiche Gerichte haben auch daraufhin entschieden, dass das Fahrzeug ohne eine Fristsetzung zur Nachbesserung zurückgegeben werden kann. Der Kaufvertrag wird dann rückabgewickelt. Der Käufer muss letztlich das Auto mit dem manipulierten Motor zurückgeben, kann aber im Gegenzug den bereits bezahlten Kaufpreis zurückverlangen. Im Abgasskandal bei VW gibt es beispielsweise zahlreich Urteile, bei denen die Rückabwicklung des Kaufvertrags angeordnet worden ist. Möglicherweise muss der Verbraucher jedoch eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer bezahlen. Zur Berechnung eine möglichen Nutzungsentschädigung bietet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer einen Nutzungsentschädigungsrechner (hier)
- Der Verbraucher kann sein Fahrzeug auch behalten und Daimler auf Schadensersatz verklagen. Dieser Anspruch folgt aus der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung des Konzerns nach 826 BGB. Daimler muss dann den Minderwert ersetzen, der durch die Manipulation entstanden ist. Verschiedene Gerichte haben hier Beträge bis zu 25 Prozent des Kaufpreises ausgeurteilt.
- Eine dritte Option hat die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe erstritten: Wer sich einen Neuwagen gekauft hat, kann auch die Neulieferung eines neuen Fahrzeuges ohne Manipulationssoftware verlangen - natürlich gegen die Rückgabe des manipulierten Fahrzeugs. Für die gefahrenen Kilometer des alten Fahrzeugs muss der Verbraucher keine Nutzungsentschädigung bezahlen.
Nachdem der Bundesgerichtshof in einem Hinweisbeschluss, den Weg für die Nachlieferung geebnet hat, erstritt die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am 24. Mai 2019 drei Urteile des Oberlandesgerichts Karlsruhe, durch die die Kläger Neuwagen erhalten und die alten Fahrzeuge über Jahre kostenlos gefahren sind. Mit anderen Worten: Ein neues Auto, ohne für das alte Fahrzeug etwas bezahlt zu haben.
Zu welchen Optionen rät im Daimler-Diesel-Abgasskandal die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH?
„Die Diesel-Fahrzeuge sind durch die Manipulation am Motor in ihrem Wert gemindert“, stellte Dr. Ralf Stoll von der Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr klar. Da helfe auch das von Daimler angebotene Software-Update inklusive des 100-Euro-Gutscheins nichts. Mit einem 100-Euro-Gutschein versucht Daimler seit Oktober ihren Kunden das Software-Update schmackhaft zu machen. Dem Update müsse man sehr skeptisch gegenüberstehen. Experten seien der Ansicht, dass ein Software-Update nicht ausreicht, das Problem zu beheben. Außerdem könne ein Software Update folgende erhebliche Nachteile für die Geschädigten mit sich bringen:
- Niedrigere Lebenserwartung des Motors durch das Software Update
- Leistungsverluste durch Veränderung des Motorverhaltens
- Erhöhter Spritverbrauch
- Erhöhter AdBlue-Verbrauch
- Bindung an Vertragswerkstätten
- Minderung des Wiederverkaufswertes
- Drohende Fahrverbote
- Zeit und Aufwand, um das Update aufspielen zu lassen
- Zeit und Aufwand zur Behebung der Probleme, die sich durch das Software Update ergeben können
- Stilllegung des Fahrzeugs
Gute Aussichten auf Schadensersatz im Daimler-Abgasskandal
Geschädigte haben sehr gute Aussichten auf Schadensersatz. In einem von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr geführten Verfahren (Az. 23 O 127/18 - hier) verurteilte das Landgericht Stuttgart am 25. Juni 2019 die Daimler AG zu Schadensersatz bei einem Mercedes-Benz GLK 250 CDI Euro 5. Das Gericht warf dem Autobauer eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers vor. Daimler hatte in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert. Das Gericht hielt das sogenannte Thermofenster für unzulässig und ging davon aus, dass die verfassungsmäßigen Vertreter der Daimler AG Kenntnisse von der Manipulation an den Motoren hatten.
Woher weiß der Verbraucher, ob sein Fahrzeug vom Diesel-Abgasskandal bei der Daimler AG betroffen ist?
Auf der Website von Mercedes kann mithilfe einer Überprüfungsfunktion (hier) festgestellt werden, ob ein Diesel betroffen ist. Dazu muss die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) auf einer Website eingegeben werden. Dabei ist jedoch auch Vorsicht angesagt: Nur, weil ein Hersteller behauptet, seine Fahrzeuge seien nicht manipuliert, handelt es sich dabei nicht unbedingt um die Wahrheit. Die Vergangenheit hat dies deutlich gezeigt. Über Jahre sind die Verbraucher an der Nase herumgeführt worden. Das Landgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein offizieller Rückruf keinen Einfluss auf Schadensersatzansprüche hat. „Wir gehen davon aus, dass eine weitaus größere Zahl der Fahrzeuge betroffen ist, als es Daimler offiziell zugibt“, ist sich Ralf Stoll sicher. „Verbraucher können daher immer dann Ansprüche geltend machen, wenn Sie einen Mercedes Diesel gekauft haben.“