Trendwende im Diesel-Abgasskandal der Daimler AG
Die Äußerungen am EuGH und die vermehrten verbraucherfreundlichen Urteile auch vom Landgericht Stuttgart zeigen für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr, dass die Chancen, gegen die Daimler AG vor Gericht zu gewinnen, derzeit enorm ansteigen. Die Diesel-Fahrzeuge sind durch die mögliche Manipulation am Abgaskontrollsystem des Motors in ihrem Wert gemindert. Die Kanzlei rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von Daimler herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
Die Kanzlei hat bereits mehrere positive Urteile gegen die Daimler AG in erster Instanz erstritten. Erst jüngst vor dem Landgericht Freiburg. Oder im vergangenen Jahr ebenfalls vor dem Landgericht Stuttgart (Az. 23 O 127/18).
Auch der Bundesgerichtshof BGH in Karlsruhe hat sich bereits mit dem Fall Daimler näher auseinandergesetzt und einen richtungsweisenden Beschluss gefällt. Der BGH bemängelte am 28. Januar 2020 (Az. VIII ZR 57/19), dass das Oberlandesgericht Celle (Az. 7 U 263/18) kein Gutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem im Motor OM 651 mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat. Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Mercedes können von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Auch dann nicht, wenn kein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegt. Der Beschluss hat jetzt zur Folge, dass in Diesel-Verfahren vermehrt Gutachten eingeholt werden müssen, um die Vorwürfe der Verbraucher gegen die Daimler AG zu überprüfen. Der Autobauer äußert sich vor Gericht in der Regel höchst vage zu den Vorwürfen.
Zudem hatte der BGH mit einem Hinweisbeschluss am 8. Januar 2019 (Az. VIII ZR 225/17) festgestellt, dass Abschaltvorrichtungen im Grundsatz einen Mangel darstellen. Im Diesel-Abgasskandal von VW hat der Bundesgerichtshof in einer ersten Einschätzung sich ebenfalls verbraucherfreundlich geäußert und eine Verurteilung von VW nach § 826 BGB in Aussicht gestellt.
Die Folgen eines EuGH-Urteils im Sinne des Gutachtens
- Software-Update beim VW-Motor EA 189 wäre unzulässig: Als Update ist ein Thermofenster verwendet worden. Dies wird von VW kaum bestritten. Die Deutsche Umwelthilfe zweifelte die Rechtmäßigkeit des Updates seit Jahren an. Ein entsprechendes Verfahren liegt am Europäischen Gerichtshof vor.
- VW-Motor EA288: Auch hier ist unstreitig, dass ein Thermofenster verwendet wird. Vor Gericht hat das Volkswagen bereits eingestanden. Die Typengenehmigung der Fahrzeuge wäre nicht rechtmäßig.
- Daimler AG: Der schwäbische Autobauer verwendet in seinen Diesel-Motoren ebenfalls das sogenannte Thermofenster. Und hat dies auch bereits zugegeben. Daimler wäre damit seinen Kunden gegenüber haftbar.
- Die Autohersteller gehen übrigens davon aus, dass die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand gelten und nicht im normalen Straßenverkehr. Auch da hat das EuGH-Gutachten für Klarheit gesorgt: Natürlich gelten die Grenzwert im normalen Fahrbetrieb.
- Das Thermofenster wird laut Autohersteller zum Schutz des Motors eingebaut. Die entsprechende Regelung der EU-Norm ist jedoch nur in ganz engen Grenzen erlaubt. Das EuGH-Gutachten spricht dabei von unmittelbaren und plötzlichen Schäden beispielsweise an der Lenkung. Langfristigere Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust dürfen keine Rolle spielen.
Die Daimler AG muss nach dem aktuellen Urteil der 12. Zivilkammer des Landgericht Stuttgarts den streitgegenständlichen Mercedes Benz C 180 CDI zurücknehmen und dem Kläger im Gegenzug 9292,38 Euro nebst Zinsen bezahlen. Der klagende Verbraucher muss sich jedoch eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, da er durch die Benutzung des Fahrzeugs einen Vorteil hatte. Daimler muss dem Verbraucher jedoch Zinsen ab Kaufdatum bezahlen. Dieser sogenannte deliktische Zins ergibt sich für das Gericht aus dem sittenwidrigem Verhalten nach § 826, 849, 246 BGB. Hier die wichtigsten Eckdaten zum Urteil:
- Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Juli 2012 einen gebrauchten Mercedes-Benz C 180 CDI von einem am Verfahren nicht beteiligten Händler zu einem Kaufpreis von 24.500 EUR erworben.
- In dem Fahrzeug mit dem Motor OM 651 sollen verschiedene Abschalteinrichtungen zum Einsatz gekommen sein.Die Kontrolle der Sickoxidemissionen erfolgt in dem Fahrzeug über die sogenannte Abgasrückführung (AGR). Dabei werden Teile der Abgase in den Motor zurückgeführt und erneut verbrannt. Die Abgasrückführung wird mit dem „Thermofenster“ bei kühleren Außentemperaturen reguliert – also zurückgefahren. Die EU-Grenzwerte werden in diesem Fall im Normalbetrieb auf der Straße nicht eingehalten. Ein offizieller Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes KBA für das Fahrzeug-Modell liegt derzeit nicht vor.
- Die Daimler AG bestätigte den Einbau eines Thermofensters, wies jedoch darauf hin, dass die Abgasregulierung ab einer Umgebungslufttemperatur von unter 18 Grad und über 32 Grad schrittweise reduziert werde. Diese Maßnahme sei zum Schutz des Motors notwendig. Da sonst Versottung und Motortotalausfall drohten. Der Fahrzeugbauer vertrat zu dem die Meinung, dass die EU-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einzuhalten seien.
- Das Gericht folgte in seinem Urteil dem Kläger und verurteilte die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.
- Die Kammer ging auch davon aus, dass der Einbau der Abschalteinrichtung ohne Wissen des Vorstands kaum vorstellbar und falls doch, es dem Vorstand zuzurechnen sei.
- Das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Eine unzulässige Abschalteinrichtung stünde der Typengenehmigungserteilung entgegen; dass bisher kein amtlicher Rückruf vorliegt, ist unerheblich, da dies nicht bedeutet, dass kein Rückruf droht bzw. für die Zukunft ausgeschossen ist.
- Das Gericht bezog sich in seinem Urteil auch indirekt auf den BGH-Beschluss vom 28. Januar 2020 (Az. VIII ZR 57/19). Hierbei macht die Kammer klar, dass die Klagepartei ausreichend ihren Vorwurf dargelegt hat und Daimler diesen nicht entkräften konnte.
- Zudem verwies das Gericht auf den Hinweisbeschluss des BGH vom 8. Januar 2019 (Az. VIII ZR 225/17), wonach die Grenzwerte auf der Straße einzuhalten sind. Auch im EuGH-Schlussantrag im Fall VW ist auf die Einhaltung der Grenzwerte im normalen Betrieb hingewiesen worden. Autohersteller argumentieren vor Gericht derzeit, dass dies nur auf dem Prüfstand erforderlich sei. Dass dem nicht so ist, darauf hat auch der BGH hingewiesen. Das Landgericht argumentierte weiter, dass die EG-Verordnung 715/007 eng auszulegen sei. Eine Abschalteinrichtung die aus Motorschutzgesichtspunkten „ununterbrochen arbeitet“ sei im Sinne der Verordnung nicht notwendig und liefe ihr „komplett“ zu wider. Die Verordnung habe die Intention, die Luftqualität in Europa zu verbessern.