Der Diesel-Abgasskandal im Fiat-Imperium der Familie Agnelli
Der Automobilhersteller Fiat-Chrysler ist in den Fokus des Diesel-Abgasskandals gerückt. Ermittler aus Deutschland, Italien und der Schweiz haben am 22. Juli 2020 unter anderem mehrere Standorte von Fiat durchsucht. Es geht laut Staatsanwaltschaft Frankfurt um den Verdacht, dass in Diesel-Motoren von Fiat bei der Abgasreinigung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung getrickst worden ist. Beim Tochterunternehmen Jeep hat die niederländische Verkehrsaufsicht RDW bereits Anfang 2020 den SUV „Grand Cherokee“ zurückrufen lassen. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt hat den „Cherokee“ unter Beobachtung. Wie beim VW-Skandal sollen bei Fiat die Grenzwerte für Stickoxide im Realbetrieb auf der Straße nicht eingehalten werden. Verwickelt in den neuen Abgasskandal ist auch das mit dem Fiat-Imperium verbundene Unternehmen Iveco, das neben Nutzfahrzeuge auch kostspielige Reise- und Wohnmobile verkauft.
Was ist im Fiat-Abgasskandal bisher bekannt geworden?
- Offiziell sind drei Modelle des Fiat-Konzerns ins Visier von europäischen Behörden wie dem Kraftfahrt-Bundesamt geraten:
Fiat – 500x - 1956 ccm – 103 kW - Euro 6
Fiat – Ducato - 2999 ccm – 130 kW - Euro 5
Jeep – Cherokee - 1956 ccm – 125 kW - Euro 5
- Zum Fiat-Chrysler-Konzern gehören die Automarken Fiat und Alfa Romeo. Alle Diesel-Modelle dieser Hersteller stehen erst einmal unter Verdacht.
- Der Abgasskandal im Fiat-Imperium erfasst auch das Unternehmen Iveco. Der Nutzfahrzeug-Hersteller ist für seine Wohn- und Reisemobile bekannt. Iveco ist Teil von CNH Industrial. Und CNH gehört zum Imperium der Familie Agnelli, die Fiat gegründet haben. Die Fahrgestelle und Motoren von Iveco werden laut Iveco-Website auch von folgenden anderen Reisemobilherstellern verwendet. Damit stehen die Modelle mit Iveco-Motoren unter Verdacht, die EU-Abgasnormen nicht einzuhalten.
Bocklet
Carthago
Concorde
Dethleffs
Dopfer
Form IT
Kerkamm
Laika
Morelo
Niesmann
Bischoff
Notin
Pilote Le Voyageur
Phoenix
Protec
Swift
Woelcke
Verbraucher, die mit den sehr kostspieligen Fahrzeugen unterwegs, könnten geschädigt worden sein. Neue Wohnmobile kosten ab 30.000 Euro aufwärts, nach oben gibt es praktisch kein Limit. Verbraucher sind ruck, zuck an der 100.000-Euro-Grenze. Im Abgasskandal bei VW sind von Gerichten Schadensersatzsummen bis zu 25 Prozent von Kaufpreis ausgeurteilt worden – abzüglich einer Nutzungsentschädigung.
- Wie das Handelsblatt berichtete, sollen in Deutschland mehr als 200.000 Fahrzeuge von einer Stilllegung bedroht sein. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt habe die Käufer der betroffenen Fahrzeuge aufgerufen, sich als Zeugen bei der Polizei zu melden.
- Die vom Handelsblatt erwähnte Zahl von 200.000 Fahrzeuge könnte sich noch erheblich erhöhen. Alleine in Deutschland waren 2019 über 500.000 Wohnmobile gemeldet.
Der Diesel-Abgasskandal ist kein rein deutsches Problem. Das zeigen die Razzien bei Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und CNH Industrial. CNH hat sich unter anderem auf Nutzfahrzeuge wie Transporter, Busse, Lkw, Wohnmobile und Feuerwehrautos spezialisiert. Die Verstrickungen im Diesel-Abgasskandal haben mittlerweile eine internationale Dimension eingenommen. Hier wird wahrscheinlich im großen Stil europäisches Recht gebrochen.
- Beide Konzerne werden von der italienischen Industriellenfamilie Agnelli über die Holdinggesellschaft Exor kontrolliert.
- Zu FCA gehören die Unternehmen Fiat, Alfa Romeo und Jeep.
- Die Nutzfahrzeuge von CNH werden von den Herstellern Iveco (Busse, Transporter, Reisemobile und Lkw) und Magirus (Feuerwehrfahrzeuge) vertrieben.
- FCA ist gerade dabei, mit dem französischen Konzern Peugeot Société Anonyme(PSA) zu fusionieren. Zur PSA gehören die Hersteller Peugeot, Citroën, DS und Opel. Klappt die Fusion, so entsteht der viertgrößte Automobilkonzern der Welt.
- In den USA zahlte Fiat Chrysler bereits 2019 in einem Vergleichsverfahren rund 800 Millionen Dollar Strafe wegen möglicher Dieselmanipulationen.